Rede: Verantwortung für afghanische Ortskräfte übernehmen

Rede zu TOP 7 der 235. Sitzung des Deutschen Bundestags, 23. Juni 2021

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Inneres und Heimat zu dem Antrag der Abgeordneten Luise Amtsberg, Agnieszka Brugger, Omid Nouripour, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: „Verantwortung anerkennen – Gruppenverfahren zur Aufnahme afghanischer Ortskräfte einführen“ auf Drucksachen 19/9274, 19/28962

 

 

Ulla Jelpke (DIE LINKE):
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Afghanische Ortskräfte, die aufgrund ihrer Tätigkeit für deutsche Institutionen gefährdet sind, müssen schnell und unbürokratisch in Deutschland aufgenommen werden. Dafür braucht es jetzt dringend ein einfaches Verfahren, weshalb wir dem Antrag der Grünen zustimmen.

(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das sollte übrigens auch für jene gelten, die nicht direkt bei deutschen Ministerien, sondern bei Subunternehmen beschäftigt waren.

Bekanntlich hat die Linke den Kriegseinsatz der Bundeswehr in Afghanistan von Anbeginn abgelehnt. Doch ganz unabhängig davon ist es völlig klar: Wenn das Leben von Menschen in Gefahr ist, brauchen sie Schutz. Und, meine Damen und Herren, die Verantwortung hört nicht bei den Ortskräften auf. Die Bundesregierung muss ebenso dafür sorgen, dass der Familiennachzug von Angehörigen afghanischer Geflüchteter nach Deutschland vereinfacht und beschleunigt wird. Denn trotz Krieg und Pandemie müssen diese nach Indien oder nach Pakistan reisen, wenn sie einen Antrag auf  Familienzusammenführung stellen wollen; und die Wartezeiten an den dortigen Visastellen betragen zurzeit über ein Jahr. Es darf doch nicht sein, dass im Ergebnis selbst minderjährige Kinder zum Teil über Jahre von ihren Eltern getrennt sind, wie mir Betroffene berichtet haben.

Um die Aufnahme afghanischer Ortskräfte zu erleichtern, hat die Bundesregierung – wir haben es von Herrn Abgeordneten Frei gehört – eigens Büroräume in Afghanistan eingerichtet. Das zeigt: Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg. Solche Anlaufstellen braucht es für alle Menschen, die in Gefahr sind, auch für den Zweck von Familienzusammenführungen.

Genauso dringend ist es, die Abschiebung nach Afghanistan einzustellen. Die Kämpfe zwischen Taliban und Regierungstruppen sind aktuell so heftig wie lange nicht mehr. Das Land ist in keinerlei Hinsicht sicher. Wir brauchen sofort einen bundesweiten Abschiebestopp; denn niemand darf in extreme Gewalt und existenzgefährdendes Elend abgeschoben werden.

Afghanische Geflüchtete in Deutschland brauchen ebenso Schutz und einen sicheren Aufenthaltsstatus wie afghanische Ortskräfte. Deutschland hat nach 20 Jahren Kriegseinsatz am Hindukusch nicht das Recht, die Schutzsuchenden gegeneinander auszuspielen. Ich glaube, wir unterscheiden uns in diesem Punkt; aber ich halte es für wichtig, auch an diesen Punkt immer wieder zu erinnern.

Schönen Dank.

(Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Ute Vogt [SPD])