Abnehmende Mobilisierungsfähigkeit der Naziszene bei Aufmärschen

„1.400 Neonazis bei Aufmärschen von NPD und „III. Weg“ zum 1. Mai zeigen: Die traditionellen Parteien des Neofaschismus bleiben im bescheidenen Rahmen mobilisierungsfähig. Und auch „Die Rechte“ schafft es im zweiten Quartal 2018 600 bzw. 450 Neonazis in NRW zu mobilisieren. Besonders ärgert mich, dass eine militante Nazitruppe wie der „III. Weg“ unter dem Parteienprivileg seine rassistische Hetze auf die Straße tragen kann. Hier sollten die Innenminister aus Bund und Ländern schleunigst zu einer Prüfung kommen, ob man dieser Pseudopartei dieses Privileg nehmen kann“, erklärt die innenpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE. Ulla Jelpke zur Antwort der Bundesregierung auf ihre Kleine Anfrage
„Rechtsextreme Aufmärsche im zweiten Quartal 2018“ (Drucksache 19/3538).

Die abnehmende Mobilisierungsfähigkeit der Naziszene setzt sich auch im Jahr 2018 fort. Mit 37 Aufmärschen und ca. 4.900 Teilnehmer_innen ist zwar ein deutlicher Zuwachs gegenüber dem ersten Quartal zu verzeichnen aber das zweite und dritte Quartal (Frühjahr, Sommer) bilden traditionell die „Marschsaison“ der Nazis. Die Gründe für die nachlassende Mobilisierungsfähigkeit sind unterschiedlich: 1. Zivilgesellschaft und antifaschistisches Engagement haben in den letzten Jahren erfolgreich die Großaufmärsche der Nazis verhindert und damit zentrale rechte Events zerstört (Erinnerung an Bombardierung von Dresden, Magdeburg u.a.); 2. Die von der Naziszene dominierten Ableger von Pegida, die zwischenzeitlich für einen massiven Anstieg der Mobilisierung sorgten, sind mehr oder weniger tot. Mit dem Rückgang der Flüchtlingszahlen haben auch die Anlässe der Mobilisierung über ein zentrales gesellschaftspolitisches Thema abgenommen. 3. Mit der AfD ist eine Partei in Landtage und den Bundestag eingezogen, die zahlreiche Anliegen der extremen Rechten prominent in die Öffentlichkeit tragen kann. Für einen Teil der Anhänger der Naziszene entfällt damit die Notwendigkeit oder Motivation, ihren Protest auf die Straße zu tragen. Ein Teil des zu mobilisierenden Publikums der Naziszene dürfte auch eine neue politische Heimat bei der AfD gefunden haben.

Bemerkenswert ist, dass die schon häufig totgesagte Partei „Die Rechte“ im April und Mai in NRW zwei Aufmärsche mit immerhin 600 bzw. 450 Teilnehmer_innen organisieren konnte. Auch die NPD gibt mit 700 Teilnehmer_innen am 1. Mai in Erfurt ein Lebenszeichen von sich. Besorgniserregend ist, dass die militante Kleinpartei „Der III. Weg“ parallel dazu am 1. Mai in Chemnitz 700 Menschen auf die Straße bringen konnte.

Anfrage und Antwort sind hier einzusehen:

KA 19_3538 Aufmärsche Neonazis II 2018