Rede: Für eine solidarische Flüchtlingspolitik

Rede zu TOP 8 der 217. Sitzung des Deutschen Bundestags, 24. März 2021

a) TOP Grüne Beratung des Antrags der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Menschenwürdige Unterbringung und faire Asylverfahren an den europäischen Außengrenzen sicherstellen Drucksache 19/27869

b) Beratung des Antrags der Fraktion DIE LINKE. Keine Asylverfahren an den Außengrenzen – Faire Asylprüfungen in der Europäischen Union sicherstellen Drucksache 19/27831

Ulla Jelpke (DIE LINKE):

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Erst in der vergangenen Woche kamen erneut 60 Schutzsuchende vor der libyschen Küste ums Leben, nachdem ihr Boot in Brand geraten war. Wie Zehntausende vor ihnen, wurden sie faktisch durch das europäische Grenzregime getötet. Sie haben doch mit den europäischen Staaten zusammen verhindert, dass es eine zivile Seenotrettung gibt. Sie haben verhindert, dass es wirklich menschenwürdige Aufnahmebedingungen gibt. Und das Gemeinsame Europäische Asylsystem ist schändlich gescheitert; es gibt überhaupt keine Ansätze der Europäischen Kommission. Und dass überhaupt nicht mehr auf das reagiert wird – auch hier gar nicht mehr -, was an menschenrechtsverletzenden Dingen an den europäischen Außengrenzen passiert, finde ich nur noch beschämend.

(Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Claudia Roth (Augsburg) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Auch an der bosnisch-kroatischen Grenze werden täglich Schutzsuchende von kroatischen Grenzpolizisten geschlagen, beraubt, gewaltsam zurückgeschoben. Pushbacks finden auch in Griechenland statt. Sie haben die ganze Zeit immer so getan, als wenn Sie nichts davon wüssten. Erst als die Beweise auf dem Tisch lagen – auch dank europäischer Abgeordneter und NGOs -, haben Sie überhaupt mal darüber nachgedacht, diese Dinge zu untersuchen. Insofern sagen wir ganz klar: Es muss untersucht werden, was im Bereich der Pushbacks passiert ist. Hier muss auch Frontex ganz klar ins Visier genommen werden. Vor allem muss es eine unabhängige Untersuchung geben und nicht eine Untersuchung durch die Polizeibeamten selbst, wovon wir immer wieder hören.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Wer es dann noch schafft, in der EU einen Asylantrag zu stellen, wird auf unbestimmte Zeit in menschenunwürdige Lager gesperrt. Seit Langem ist auch bekannt, unter welchen unbeschreiblichen Bedingungen Schutzsuchende auf den griechischen Inseln jahrelang ausharren müssen.

Die von der Bundesregierung unterstützten Pläne der EU-Kommission haben überhaupt keine Verbesserung zum Ziel. Sie wollen beschleunigte Verfahren an den Außengrenzen, und das bedeutet noch mehr Hotspots, wie wir sie mit Moria kennengelernt haben. Da kann man wirklich nur sagen: Warum nehmen Sie nicht endlich das Angebot von fast 200 Städten und Kommunen an, die Menschen aufnehmen wollen?

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Denn es gibt offensichtlich keine andere Lösung, als die Menschen tatsächlich aus solchen Lagern rauszuholen.

Die Linke fordert deswegen eine Abkehr von der tödlichen Politik der Abschottung. Es braucht legale und sichere Fluchtwege, es braucht eine staatlich-zivile Seenotrettungsmission. Nur so kann das tausendfache Sterben im Mittelmeer beendet werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Beteiligung von Frontex an illegalen Pushbacks muss durch unabhängige Instanzen aufgeklärt werden, und Zurückweisungen müssen sofort beendet werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Vizepräsident Wolfgang Kubicki:

Frau Kollegin Jelpke, kommen Sie bitte zum letzten Satz.

Ulla Jelpke (DIE LINKE):

Deswegen sage ich zum Schluss: Alle Geflüchteten haben das Recht auf ein faires Asylverfahren. Das sollte weiterhin die Grundlage sein, wenn man über Asylpolitik an den Außengrenzen spricht.

(Beifall bei der LINKEN)