Bundesregierung verweigert jungen Flüchtlingen das Recht auf Familienleben

„Der Europäische Gerichtshof hat im April 2018 klar und deutlich entschieden, dass unbegleitete minderjährige Flüchtlinge auch dann einen Anspruch auf Familiennachzug haben, wenn sie während der Asylprüfung volljährig werden. Denn das Recht auf Familienleben darf nicht davon abhängig gemacht werden, wie schnell oder langsam die Asylbehörden arbeiten. Dass die Bundesregierung sich seit neun Monaten weigert, dieses formal gegen die Niederlande ergangene Urteil umzusetzen, obwohl Experten und Verbände übereinstimmend von einer Übertragbarkeit auf die deutsche Rechtslage ausgehen, ist eine Unverschämtheit. Abschreckung geht vor Kindeswohl, das ist das Motto dieser Bundesregierung“, kommentiert die innenpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, Ulla Jelpke, die Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage zum Familiennachzug zu unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen.

Daraus geht hervor, dass bis November 2018 650 anerkannte Flüchtlinge während ihres Asylverfahrens volljährig wurden und damit die Möglichkeit verloren, ihre Familie nachzuholen. 2016 und 2017 waren es insgesamt gut 8300. Die Asylverfahrensdauer bei unbegleiteten Minderjährigen lag im vergangenen Jahr bei knapp zehn Monaten. Jelpke weiter:

„Zwar geht es nur um eine überschaubare Zahl von Fällen, aber die Verweigerung des Nachzugs der Eltern kommt in jedem einzelnen Fall einer Katastrophe gleich. Die Bundesregierung steht sowohl rechtlich als auch humanitär in der Pflicht, die deutsche Rechtslage im Sinne des Kindeswohls und des Menschenrechts auf Familie zu ändern, und zwar schnell. Ich verstehe ohnehin nicht, was es nach dem eindeutigen Tenor dieses Urteils noch zu überlegen gibt.“

Anfrage und Antwort können hier eingesehen werden: 19_6702 Familiennachzug zu UMF