Gute und faire Asylverfahren sicherstellen

Rede zu TOP 31 der 59. Sitzung des Deutschen Bundestages, 19.10. 2018

Beratung des Antrags der Abgeordneten Luise Amtsberg, Filiz Polat, Canan Bayram, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Für ein umfassendes Qualitätsmanagement beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge

Drucksache 19/4853

 

 

Ulla Jelpke (DIE LINKE):

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Brand, ich glaube, es gibt kaum eine andere Fraktion in diesem Haus, die so viele Nachfragen zu den strukturellen Mängeln und Fehlern beim BAMF gestellt hat und auch Berichte im Innenausschuss beantragt und Haushaltsanträge gestellt hat, im Übrigen schon im Jahre 2013, was Personal beim BAMF angeht. Es ist wirklich eine Frechheit, wenn Sie sich jetzt hierhin stellen und so tun, als wenn Sie die Einzigen wären, die hier irgendetwas verbessert haben.

(Beifall bei der LINKEN – Michael Brand (Fulda) (CDU/CSU): Ich habe Sie zitiert!)

In der Tat – ich wiederhole es gerne – sind wir der Meinung, dass der angebliche BAMF-Skandal von Bremen ein konstruierter gewesen ist.

(Helin Evrim Sommer (DIE LINKE): Ja!)

Hier ist vielmehr eine humanitär ausgerichtete Behördenleiterin runtergemacht worden.

(Marian Wendt (CDU/CSU): Es geht um die Umsetzung des Rechts, Frau Jelpke! – Michael Brand (Fulda) (CDU/CSU): Es geht um Recht und Gesetz!)

Ihr Motiv war – das muss man sich einfach mal klarmachen -, verfolgten, traumatisierten, offensichtlich schutzbedürftigen jesidischen Flüchtlingen, von denen viele einem grausamen Völkermord entronnen waren, möglichst unkompliziert und schnell einen Schutzstatus in Deutschland zu verschaffen. Übrigens lag die Anerkennungsquote bei dieser Gruppe, um die es in Bremen ging, bundesweit bei etwa 100 Prozent.

(Matthias W. Birkwald (DIE LINKE): Hört! Hört!)

Und was wurde vom Staatssekretär in die Öffentlichkeit getragen? „Korruption“, „organisierte Kriminalität“, „etwaige Geldzahlungen“ usw. Tatsächlich hat inzwischen ein Gericht veranlasst, dass das BMI solche Äußerungen von der Homepage nehmen muss bzw. nicht mehr aussprechen darf.

(Beifall bei der LINKEN)

Es ist meines Erachtens wirklich ein Skandal, wie Sie mit dieser Frau umgehen.

Es geht hier vor allen Dingen um den Schutz. Ich will damit nicht sagen, dass es nicht aufgedeckt werden muss, wenn gegen Dienstvorschriften verstoßen wurde. Aber hier wurde wirklich ein Skandal aufgebauscht. Über Wochen wurden beispielsweise Falschmeldungen in den Medien verbreitet, in denen es immer wieder hieß, dass in Bremen in 1 200 Fällen zu Unrecht ein Schutzstatus erteilt worden sein soll. Tatsächlich hat es 2018 eine Prüfung gegeben: In 1 100 Fällen wurden Widerrufsprüfungen durchgeführt. Herr Kollege Brand, es wurden zwar in 125 Fällen Mängel festgestellt,

(Michael Brand (Fulda) (CDU/CSU): 145!)

aber nur in 19 Fällen ist tatsächlich der Schutzstatus zurückgenommen worden. Nicht in allen Verfahren, in denen es Mängel gab, ist der Schutzstatus zu Unrecht erteilt worden. Das möchte ich Ihnen zur Richtigstellung mitgeben.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Michael Brand (Fulda) (CDU/CSU): Ich habe gar nichts Falsches gesagt! Sie brauchen nichts richtigzustellen! Sie haben nichts widerlegt!)

In diesem Zusammenhang will ich ganz klar sagen: Skandalös ist meines Erachtens nicht der völlig zu Recht gewährte Schutz, was die Jesiden oder auch andere Flüchtlinge angeht. Skandalös sind vielmehr die vielen zu Unrecht erfolgten Ablehnungen durch das BAMF. Allein im Jahr 2017 mussten die Verwaltungsgerichte 32 500 Asylbescheide – das sind etwa 40 Prozent – wieder aufheben, weil es Verfahrensmängel beim BAMF gab. Hier wurden Schutzsuchende im Grunde genommen alleingelassen, ihnen wurde kein Schutz gewährt. Das ist der eigentliche Skandal.

(Beifall bei der LINKEN)

Skandalös ist auch, dass diejenigen, die für Verfahrensmängel beim BAMF politisch verantwortlich sind, bis heute keinerlei Reue und Einsicht gezeigt haben. Es waren Innenminister der CDU und der CSU, die sehenden Auges über Jahre hinweg, trotz mehrfacher Hilferufe aus dem BAMF, nicht für eine ausreichende Personalausstattung und eine funktionierende Technik im BAMF gesorgt haben. Statt diese wichtige Behörde für die Aufgaben in dieser Zeit, im Jahr 2015, entsprechend auszurüsten, hat man sie alleingelassen. Darum galt nach dem Wechsel an der BAMF-Spitze, als Herr Weise kam, auch das Motto: Masse statt Klasse. – Es ging also um Verfahrenserledigung um jeden Preis. Das ging natürlich zulasten der Qualität und übrigens auch auf Kosten der Gesundheit der Beschäftigten beim BAMF.

(Michael Brand (Fulda) (CDU/CSU): Frau Jelpke, Sie wollen doch was ganz anderes!)

Auch bei der Fachaufsicht über das BAMF hat das Bundesinnenministerium komplett versagt: Statt seiner Aufsichtspflicht nachzukommen, hat das BMI seine Energie in diverse Verschärfungen von Gesetzen gesteckt, zum Beispiel bei der Familienzusammenführung.

Präsident Dr. Wolfgang Schäuble:

Frau Kollegin Jelpke, achten Sie bitte darauf, dass Ihre Redezeit zu Ende ist?

Ulla Jelpke (DIE LINKE):

Ja. Ich komme zum letzten Satz. – So viel zur Skandalisierung der Verfahrenspraxis.

Für uns ist völlig klar, dass es richtig ist, den Grünen-Antrag im Ausschuss zu beraten und in diesem Zusammenhang weiterhin Kontrolle auszuüben. Deswegen begrüßen wir diesen Antrag.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der LINKEN)