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Kommentar von Ulla Jelpke in junge Welt vom 29. Mai 2018

Bremer BAMF-Affäre

Die Bremer Außenstelle des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) steht in der öffentlichen Kritik. Die inzwischen abgelöste Leiterin soll eigenmächtig und in Kooperation mit Anwälten Hunderte Asylbescheide für Jesiden aus dem Irak und Syrien, die dem völkermörderischen »Islamischen Staat« entkommen konnten, ausgestellt haben, die vom Bundesinnenministerium inzwischen als rechtswidrig eingestuft wurden.AfD und FDP machen sich nun stark für einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss. Auch aus der Linksfraktion gibt es befürwortende Stimmen für ein solches Gremium. Dies überschätzt einerseits die Möglichkeiten, die das stumpfe Instrument Untersuchungsausschuss bietet, und ignoriert andererseits die Absichten von AfD und FDP. Denn den beiden Fraktionen geht es mitnichten um die konstruktive Behebung der Missstände im BAMF, deren erste Leidtragende die Asylsuchenden selbst sind. Vielmehr zielen sie auf eine Generalabrechnung mit der kurzfristigen Politik der offengehaltenen Grenzen von Bundeskanzlerin Merkel im Jahr 2015 – um so eine noch restriktivere Flüchtlingspolitik durchzusetzen. Sollte es tatsächlich kriminelle Machenschaften beim BAMF in Bremen gegeben haben, dann ist dies eine Angelegenheit der Polizei und nicht des Parlaments. Und soweit es um politische Verantwortlichkeiten geht, ist der Innenausschuss des Bundestages das Gremium, vor dem die Zuständigen Rede und Antwort stehen müssen.

Gerade die Linksfraktion ist mit ihren parlamentarischen Anfragen die eigentliche Aufklärerin von Missständen im BAMF. So hat die Fraktion herausgefunden, dass 40 Prozent der vor Gericht angefochtenen Negativasylentscheidungen wieder gekippt werden müssen. Es ist auch ein Erfolg der Linken, dass Amtsleiterin Jutta Cordt nun im Zuge der Bremer Affäre auch Negativentscheidungen überprüfen lassen will.

Dass sich Bundesinnenminister Horst Seehofer so auf die Bremer »BAMF-Affäre« einschießt, erfolgt mit der Intention, generell eine liberale Anerkennungspraxis in der Behörde unter Sanktionierungsvorbehalt zu stellen. Darüber hinaus preist der Bundesinnenminister die im Koalitionsvertrag vorgesehenen »Ankerzentren« als Lösung für die Probleme an. Die Einrichtung solcher »Ankunfts-, Entscheidungs- und Rückführungseinrichtungen«, in denen Asylsuchende während der ganzen Dauer ihres Verfahrens nicht nur von der Bevölkerung abgeschottet, sondern auch von unabhängigen Beratungseinrichtungen abgeschnitten wären, stoßen auf Widerstand von zahlreichen Landesregierungen. Solche Vorhaben der Bundesregierung zu verhindern wäre die Aufgabe von Linken. Und nicht, den völkischen AfD-Hetzern und den in ihrem trüben Fahrwasser schwimmenden Schleimern von der Lindner-FDP mit einem Untersuchungsausschuss eine Plattform zu bieten oder gar den rechten Diskurs mit Mutmaßungen über »offenkundig organisierte Kriminalität« im Umfeld des BAMF gleich selbst zu befeuern.