Rede: Polizeimissionen im Ausland brauchen Menschenrechtsklausel

Beratung des Antrags der Fraktionen CDU/CSU, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Deutsches Engagement beim Einsatz von Polizistinnen und Polizisten in internationalen Friedensmissionen stärken und ausbauen

Drucksache 18/9662  — TOP 41 der 191. Sitzung des Deutschen Bundestages, 23. 9. 2016

 

Ulla Jelpke (DIE LINKE):

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Um hier gleich Missverständnisse zu vermeiden: Die Linke lehnt internationale Polizeimissionen und bilaterale Einsätze nicht per se ab.

(Beifall bei der LINKEN, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wahnsinn! – Zurufe von der CDU/CSU: Oh!)

– Klatschen Sie nicht zu früh. ‑ Natürlich wollen auch wir, dass im Ausland Straftaten effektiv verfolgt werden können, sich Polizisten menschenrechtskonform verhalten. Aber ‑ das sage ich an alle Fraktionen, die diesen Antrag im Hause mitunterzeichnet haben; es waren alle außer die Linke ‑: Ihrem Antrag fehlt die klare Ansage, dass Regime, die systematisch Menschenrechte verletzen, von deutschen Polizisten künftig keine Unterstützung mehr zu erwarten haben.

(Beifall bei der LINKEN)

Weil Sie hier von sogenannten Friedensmissionen reden, will ich eines gleich klarstellen: Es geht in dem vorliegenden Antrag um die Durchsetzung außenpolitischer Interessen Deutschlands mithilfe von Polizistinnen und Polizisten. Es geht darum, Bundeswehreinsätze im Ausland noch umfangreicher mittels Polizeieinsätze zu ergänzen. Da verlieren Sie kein Wort über Menschenrechte, schon gar nicht über die Befugnisse, die der Bundestag in diesem Zusammenhang hat. Deswegen wird die Linke diesen Antrag ablehnen.

(Beifall bei der LINKEN)

Sie führen im Antrag aus, eine gut ausgebildete Polizei sei ein wichtiger Garant für Rechtsstaatlichkeit. Aber das ist nur die Hälfte der Wahrheit. Immer wieder stehen Auslandseinsätze der Polizei im Dienste von Diktatoren und tragen zum Aufbau der Festung Europa bei. Ich darf Sie zum Beispiel daran erinnern: Seit 2009 sind Bundespolizisten in Saudi-Arabien. Während der Rüstungskonzern EADS ein Milliardengeschäft mit dem Aufbau von Grenzanlagen macht, bilden Bundespolizisten den dortigen Grenzschutz aus. Falls Sie es nicht mitbekommen haben: Saudi-Arabien ist eine feudale Diktatur, in der Regimekritiker ausgepeitscht oder sogar geköpft werden. Im Krieg im Jemen werfen saudische Truppen blindlings Bomben, und einem solchen Regime helfen deutsche Polizisten; sie vermitteln den dortigen Sicherheitskräften den sicheren Umgang mit dem Sturmgewehr G3. Das ist doch echt ein Skandal.

(Beifall bei der LINKEN)

Deswegen fordert die Linke, diesen schändlichen Einsatz wirklich sofort zu beenden.

(Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Auch in Afghanistan gibt es eine Polizeimission. Faktisch leisten dort deutsche Polizisten einen Beitrag zum Bürgerkrieg; denn die wichtigste Aufgabe afghanischer Polizisten ist es, als Kanonenfutter im Kampf gegen die Taliban zu dienen.

(Thorsten Frei (CDU/CSU): Ach, so ein Blödsinn! Große Unkenntnis!)

Unsere regelmäßigen Quartalsanfragen an die Bundesregierung zeigen, dass es häufig um Hilfe für Grenzschützer geht, insbesondere auf dem Balkan, aber auch in Nordafrika. Dort wird der Grenzschutz ausgebildet und technisch aufgerüstet, um Flüchtlinge an der Flucht nach Europa zu hindern. Ich muss vor diesem Hintergrund sagen, dass ich überhaupt nicht verstehe, warum die Grünen bei diesem Antrag mitmachen. Ich finde, das ist wirklich ein Armutszeugnis für eine Partei, die sich hier eigentlich immer sehr flüchtlingsfreundlich gibt. Es tut mir echt leid, aber das finde ich unmöglich.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich will einen weiteren Punkt ansprechen. Sie fordern, dass die Polizeieinsätze noch mehr zum Mittel der Außenpolitik werden, aber Sie wollen kein Mitspracherecht des Bundestages.

(Edelgard Bulmahn (SPD): Wir fordern doch genau das Gegenteil!)

Die Linke hat hierzu schon vor Jahren den Antrag eingebracht, dass der Bundestag mitentscheiden soll, wenn bewaffnete Polizisten in die Welt geschickt werden – genauso wie bei Soldaten.

Es geht hier, wie gesagt, vor allen Dingen um Bürgerkriegsszenarien wie in Afghanistan, aber auch um Kumpanei mit diktatorischen Regimen. Ich will an dieser Stelle nebenbei die Türkei nennen, auch wenn ich das jetzt nicht weiter ausführen kann. Wenn hier in aller Stille solche Einsätze durchgewinkt werden – wie es ja zum Beispiel im Zusammenhang mit dem Einsatz in Saudi-Arabien geschehen ist -, dann können wir da nicht mitmachen.

(Beifall der Abg. Kathrin Vogler (DIE LINKE))

Sie sagen in Ihrem Antrag, dass Sie einmal im Jahr eine Unterrichtung wünschen. Damit fallen Sie hinter die Position der Gewerkschaft der Polizei zurück, die ganz klar und zu Recht einen Parlamentsvorbehalt für solche Einsätze fordert.

(Beifall bei der LINKEN)

Zum Schluss will ich noch einmal ganz klar die Forderungen der Linken nennen: Es müssen bei solchen Polizeieinsätzen ein Menschenrechtsvorbehalt, ein strikter ziviler Charakter und eine effektive Mitsprache des Bundestages gewährleistet sein. Das muss die Messlatte für solche Polizeieinsätze sein. Nichts anderes kann in einer demokratischen Gesellschaft funktionieren.

Danke schön.

(Beifall bei der LINKEN)

 

Videomitschnitt: