Statement zu den umstrittenen Äußerungen von Sahra Wagenknecht

Die aktuelle Debatte um Sicherheit und Schutz vor Anschlägen und Attentaten darf nicht mit der flüchtlingspolitischen Debatte vermischt werden. Und erst recht dürfen Gewaltereignisse nicht dazu instrumentalisiert werden, eine Abschottungs- oder Abschiebepolitik gegen Flüchtlinge weiter voranzutreiben. Deutschland wird nicht sicherer, wenn weiter Angst und Misstrauen geschürt wird.

Sahras Presseerklärung ist nicht „missverstanden“ worden, sondern sie ist Ausdruck eines komplett falschen Ansatzes, den unsere Fraktionsvorsitzende verfolgt. Sie setzt damit die Linie fort, die sie schon mit ihren Äußerungen über „Obergrenzen“ und die Bezeichnung des Asylrechts als „Gastrecht“ eingeschlagen hat: Die Vielzahl von Flüchtlingen schon per se als Problem, und jetzt auch ausdrücklich als Sicherheitsproblem, zu bezeichnen. Ausgerechnet die gewalttägigen Ereignisse der letzten Tage als Beispiel zu nehmen, um einen Zusammenhang mit der Flüchtlingszuwanderung herzustellen, ist politisch extrem kontraproduktiv und entspricht haargenau den Forderungen von konservativen bis rechtsextremen Asylfeinden.

Nahezu wortgleich wie Sahra, die als Voraussetzung für Sicherheit im Land nannte, „dass wir wissen, wer sich im Land befindet“, äußerte sich CSU-Ministerpräsident Seehofer: „Wir müssen wissen, wer im Land ist.“ Und wenn sie Merkels angeblich „leichtfertige“ Wir-schaffen-das-Äußerung in einem Satz mit den Gewalttaten bringt, liest sich das nicht viel anders als das Statement von Pegida-Sprecher Lutz Bachmann auf Twitter: “Der Terror ist endgültig in Deutschland angekommen, dank Merkel und ihren Mittätern.”

Kommunikationspolitisch war die Presseerklärung unserer Fraktionsvorsitzenden ein Desaster, auch gegenüber den eigenen Leuten in der Partei, die in der Erklärung zu Recht eine brandgefährliche Vermischung zweier wichtiger Themen sehen, die unabhängig voneinander behandelt werden müssen.

Denn es gibt überhaupt keinen Grund, die jüngsten Gewalttaten mit der Fluchtmigration in Verbindung zu bringen. Abgesehen davon, dass die Motive bei den jeweiligen Tätern völlig unterschiedlich sind, ist es absolut unredlich, Flüchtlinge besser überwachen und den Sicherheitsapparat verstärken zu wollen, weil von einer Million Flüchtlinge zwei eine schwere Gewalttat verübt haben.

Was DIE LINKE jetzt mit Nachdruck machen muss: Das Asylrecht offensiv verteidigen. Denn schon instrumentalisieren konservative Law-and-Order-Politiker die Gewalttaten, um weitere Verschärfungen des Asylgesetzes zu fordern. Auch die leidige Debatte um Bundeswehreinsätze im Inland wird wieder aufgewärmt. Diesem Populismus muss sich DIE LINKE geschlossen entgegenstellen. Der Kampf gegen den terroristischen IS wird nicht dadurch entschieden, dass wir Flüchtlingen mit Misstrauen begegnen und sie als Problem darstellen – wenn wir das tun, verlieren wir vielmehr unser Profil als antirassistische Partei.

Die Fraktion hat im Januar 2016 einen klaren Beschluss gefasst, in der wir uns unter anderem auch gegen eine Stigmatisierung von Flüchtlingen ausgesprochen haben. Auf dieser Linie müssen wir weiter arbeiten. Das – und nicht die Bedienung asylfeindlicher Klischees – erwarte ich auch von unserer Fraktionsvorsitzenden.