Kein Verschweigen des Genozids an den Armeniern

Der von den Grünen vorgelegte Antrag und heute im Bundestag zu besprechende Antrag „Erinnerung und Gedenken an den Völkermord an den Armeniern vor 100 Jahren“ (BT-Drucksache 18/7648) weist zwei entscheidende Schwächen auf, weshalb die Fraktion DIE LINKE sich zum Antrag enthalten wird. Zum einen drückt er sich weiterhin vor einer klaren Einordnung der Vernichtung der Armenier als Völkermord. Und zum anderen verharmlost er auf fatale Weise die deutsche Mitverantwortung daran.

Nur in der Überschrift des Grünen-Antrages wird der Völkermord als solcher benannt. Dagegen heißt es im Antragstext nur, das Schicksal der Armenier stehe „beispielhaft für die Geschichte der Massenvernichtungen, der ethnischen Säuberungen, der Vertreibungen, ja der Völkermorde, von denen das 20. Jahrhundert auf so schreckliche Weise gezeichnet ist“. Damit wird die Einordnung als Genozid nur als eine mögliche Deutung gesehen.

Im Grünen-Antrag ist zudem nur von einer „unrühmlichen Rolle des deutschen Reiches“, das nicht einmal versucht habe, diese Verbrechen zu stoppen, die Rede. Die deutsche Mitverantwortung beschränkt sich aus dieser Sicht auf unterlassene Hilfeleistung. Demgegenüber haben zahlreiche Historiker nachgewiesen, dass der Völkermord an den Armeniern ohne das deutsch-türkische Bündnis im Ersten Weltkrieg so nicht möglich gewesen wäre. Die deutsche Rolle muss von daher als aktive Beihilfe am Völkermord definiert werden. So sprachen sich hohe deutsche Offiziere und Diplomaten offen für die Vernichtung der Armenier aus, deutsche Offiziere an der Spitze türkischer Truppeneinheiten unterzeichneten Deportationsbefehle gegen Armenier und ließen armenische Stadtviertel mit Artillerie beschießen. Schließlich verhalf die deutsche Reichsregierung den Hauptverantwortlichen der jungtürkischen Regierung zur Flucht vor Strafverfolgung, einige der Mörder erhielten Asyl in Berlin.

All das wird im Grünen-Antrag verschwiegen und die deutsche Rolle damit massiv verharmlost. Um zur Aussöhnung von Türken und Armeniern beizutragen, ist es notwendig, sich zuerst vorbehaltlos zur ganzen deutschen Mitverantwortung zu bekennen.

DIE LINKE. hat zum 100. Jahrestag des Genozids 2015 einen eigenen Antrag („100. Jahresgedenken des Völkermords an den Armenierinnen und Armeniern 1915/1916 – Deutschland muss zur Aufarbeitung und Versöhnung beitragen“, BT-Drs. 18/4335) vorgelegt, der sowohl den Genozid als auch die deutsche Beihilfe daran klar benennt und das armenische Volk dafür um Entschuldigung bittet. Diesen Antrag werden wir zu einem geeigneteren Zeitpunkt zur zweiten Lesung aufsetzen lassen.