„Deutschland muss Genozid an Armeniern endlich anerkennen“

„Die Bundesregierung muss die Vertreibungen und Massaker des jungtürkischen Regimes an den Armeniern in ersten Weltkrieg endlich als Völkermord anerkennen. Zudem sollte sie für den 24. April 2015 – dem 100. Jahrestag des Beginns dieses Verbrechens – eine würdige Gedenkveranstaltung für die Opfer und ihre Nachfahren vorbereiten“, erklärt die innenpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE., Ulla Jelpke zur Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage „100. Jahrestag des Völkermordes an den Armenierinnen und Armeniern im Osmanischen Reich“ (Drs. 18/3533). Die Abgeordnete weiter:

„Mit der Behauptung, die Aufarbeitung der damaligen Ereignisse sei in erster Linie Sache der beiden betroffenen Länder Türkei und Armenien, zieht sich die Bundesregierung aus der deutschen Mitverantwortung für diese Verbrechen. Denn das deutsche Kaiserreich war als engster militärischer Verbündeter des Osmanischen Reiches sowohl Mitwisser als auch teilweise Mittäter. Mit ihrer Eingrenzung auf die Staaten Türkei und Armenien lässt die Bundesregierung zudem die millionenstarke armenische Diaspora, für die die Genoziderfahrung bis heute identitätsprägend ist, ebenso außen vor wie die türkeistämmige Migration in Deutschland. Gerade letztere steht zum Teil unter dem Einfluss türkisch-nationalistischer Lobbygruppen und Regierungsstellen, die die Verbrechen an den Armeniern bis heute leugnen.

Seit Verabschiedung der 2005 von allen Fraktionen gemeinsam verabschiedeten Bundestagsresolution „Erinnerung und Gedenken an die Vertreibungen und Massaker an den Armeniern 1915 – Deutschland muss zur Versöhnung zwischen Türken und Armeniern beitragen“ (Drs. 15/5689) ging ein Großteil der zur Umsetzung dieses Antrages zur Verfügung gestellten Bundesmittel an das Potsdamer Lepsius-Haus.

Nun gesteht die Bundesregierung erstmals ein, dass die ursprüngliche Intention, wonach das Lepsius-Haus als Begegnungsstätte zur Aussöhnung von Deutschen, Armeniern und Türken beitragen solle, bislang nicht vollständig umgesetzt werden konnte. Schuld daran ist allerdings nicht – wie die Bundesregierung behauptet – eine von der türkischen Seite als einseitige pro-armenisch perzipierte Haltung des Lepsius-Hauses. Vielmehr erscheint das Haus eines christlichen Islammissionars, der zudem eine zwielichte Rolle bei Manipulation von diplomatischen Akten über den Genozid nach Kriegsende gespielt hatte sowie die einseitige Fokussierung auf die Person des Theologen, als ungeeignet für einen solchen Begegnungs- und Versöhnungsauftrag.

Die Bundesregierung muss sicherstellen, dass auch in Zukunft finanzielle Mittel für die weitere Erforschung des Genozids und der deutschen Mitverantwortung, für das Gedenken an die Opfer und die Aussöhnung zur Verfügung gestellt werden. Die einseitige Fokussierung auf das Lepsius-Haus sollte dabei einem breiteren Ansatz mit der Förderung verschiedener Forschungs- und Versöhnungsprojekte weichen.“

 

Die Antwort der Bundesregierung zum Download: 18_3533_Armeniergenozid