as Bundesinnenministerium (BMI) hat einen Gesetzentwurf vorgelegt, mit dem Bosnien und Herzegowina, Mazedonien, Serbien, Albanien und Montenegro als »sichere Herkunftsländer« eingestuft werden sollen. Für die drei erstgenannten Staaten war dergleichen bereits im Koalitionsvertrag angekündigt. Albanien und Montenegro hat Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) nun offenbar ohne Rücksprache mit dem Koalitionspartner SPD in diese Liste aufgenommen. In einem ersten Entwurf vom 3. März, der jW vorliegt, waren sie jedenfalls noch nicht genannt. Eine Reaktion aus der SPD blieb bislang aus.
Asylanträge von Flüchtlingen aus den genannten Staaten sollen mit der geplanten Regelung pauschal als »offensichtlich unbegründet« abgelehnt werden. Es wird von vornherein unterstellt, daß bei Gesuchen von Menschen aus diesen Ländern politische Verfolgung auszuschließen ist. Diese Grundannahme im Asylverfahren selbst zu widerlegen, ist faktisch unmöglich. Zugleich wäre der Rechtsschutz gegen einen ablehnenden Entscheid mit der Gesetzesnovelle stark eingeschränkt. Innerhalb einer Woche muß die Ausreise erfolgen, sonst droht die Abschiebung. Auch dagegen können sich die Betroffenen juristisch kaum zu Wehr setzen.
Die Flüchtlingslobbyorganisation Pro Asyl verwies in einer Stellungnahme zu dem neuen Entwurf darauf, daß das Postulat der »sicheren Herkunftsstaaten«, das mit dem »Asylkompromiß« von 1993 etabliert wurde, »im völligen Widerspruch zum individuellen Asylrecht steht«. Denn statt den Einzelfall zu prüfen, wird hier einfach festgelegt, daß keine anerkennenswerten Fluchtgründe bestehen. Der vorliegende Gesetzentwurf halte sich darüber hinaus nicht einmal an die Maßstäbe, die das Bundesverfassungsgericht 1996 für die Entscheidung über die Aufnahme eines Landes in die Liste »sicherer Herkunftsstaaten« entwickelt hatte. Das BMI hätte demnach sowohl die Rechtslage als auch die tatsächliche Situation in bezug auf die Achtung der Menschenrechte in den Balkanstaaten prüfen und in der Gesetzesbegründung darlegen müssen. Das BMI bezieht sich in seiner Begründung aber ausschließlich auf die »Asyllageberichte« des Auswärtigen Amtes, die nicht öffentlich zugänglich sind.
Dieser Kritik schließt sich auch der Hohe Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen (UNHCR) an. Er macht in seiner Stellungnahme auf eine Reihe von Meldungen aufmerksam, nach denen Roma in Bosnien und Herzegowina, Mazedonien sowie Serbien vielfacher Diskriminierung ausgesetzt sind. Nach den Asylrichtlinien der EU müsse auch eine mehrfache Diskriminierung zur Anerkennung als Flüchtling führen, »wenn sie den Betroffenen in einer ähnlichen Weise belasten wie die schwerwiegende Verletzung eines grundlegenden Menschenrechts«, so der UNHCR. Da in der deutschen Rechtsgrundlage für die Einstufung eines Landes als »sicheren Herkunftsstaat« diese Richtlinien nicht berücksichtig würden, widerspreche das Vorhaben insgesamt wahrscheinlich dem europäischem Recht.
Trotz der ohnehin restriktiven deutschen Asylpraxis gegenüber Menschen aus den Nachfolgestaaten Jugoslawiens und aus Albanien gewährte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge im vergangenen Jahr 103 Asylsuchenden aus diesen Ländern zumindest Abschiebeschutz. 82 weitere konnten erfolgreich gegen die Ablehnung ihres Asylantrags klagen. Die Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege fordert deshalb, »daß die Bestimmung eines Staates als sicher dann zu unterbleiben hat, wenn auch nur Einzelfälle politischer Verfolgung anerkannt werden«. Das Komitee für Grundrechte und Demokratie warf dem BMI vor, die »systematische Verschränkung von Diskriminierung und Armut« zu ignorieren, die für die Roma in diesen Ländern zu massivem Elend führten. Die Linksfraktion im Bundestag forderte »faire Asylprüfungen, in denen die existenzbedrohende mehrfache Diskriminierung als Fluchtgrund anerkannt wird«.