„Kofferträger“: Ausbeuterjobs sind keine Integrationshilfe

– aber ich bleibe dabei: Flüchtlingen anzubieten, für 1,05 Euro Koffer zu schleppen, ist kein Beitrag zur Integration, sondern ein Ausdruck von Ausbeutung und Ausgrenzung.

Weitere Stellungnahmen zu den Maßnahmen in Schwäbisch-Gmünd habe ich auf meiner Facebook-Seite.

Der kontraste-Redaktion habe ich einen Brief geschrieben, den ich hier dokumentiere:

Sehr geehrte Damen und Herren,

in Vorbereitung Ihres Beitrages in der Sendung vom 15. August („Bevormundung: Keine Ein-Euro-Jobs für Asylbewerber“) hat eines Ihrer Teams unter Leitung von Herrn S. auch mich interviewt.

Beim Ansehen des gesendeten Beitrages war ich dann doch etwas befremdet über die Methoden, die Ihre Leute anwenden. Hat es Herr S. nötig, mir im Vorfeld weis zu machen, er teile meine politischen Auffassungen zu dieser Thematik? Genau dies hat er jedenfalls mehrfach getan.
Ich meinerseits hatte vorab klargestellt: Falls „kontraste“ vorhat, die Initiative der Stadtverwaltung, Flüchtlinge als Kofferträger zu engagieren, positiv darzustellen, stünde ich als Interviewpartnerin nicht zur Verfügung. Die Pressefreiheit gilt ja auch umgekehrt, als Freiheit, nicht allen ein Interview zu geben.
Herr S. hat daraus nicht die Konsequenz gezogen, sich nach Alternativen umzusehen, sondern, mich zu täuschen.

Zudem sollten Sie sich die Frage nach den journalistischen Standards stellen, die Ihre Sendung erfüllen will. Dass Sie es für eine gute Idee halten, sich von Asylsuchenden für 1,05 Euro pro Stunde die Koffer tragen zu lassen – geschenkt. Aber warum suggerieren Sie, ich hätte niemals mit diesen Flüchtlingen gesprochen? Herr Sv. weiß, dass ich in Schwäbisch-Gmünd war, um mit Lokalpolitikern und Flüchtlingen zu reden; er weiß, dass es unter den Flüchtlingen starken Protest gegen die Kofferträger-Offerte gegeben hat. Ich habe mich nicht vom Grünen Tisch aus geäußert, sondern auf der Basis von jahrzehntelanger Arbeit im Flüchtlingsbereich im Allgemeinen und konkreten Erfahrungen vor Ort im Besonderen.
Ihr Filmkonzept hat aber offenbar einen anderen Plot vorgesehen: Das Gerede vom „Gutmenschen“ musste irgendwo untergebracht werden, und die LINKE als Verein von Dogmatikern, der Flüchtlinge bevormunde. Und wo die Wirklichkeit nicht dem Plot entspricht, wird bei Ihnen nicht der Plot geändert, sondern die Wirklichkeit.
Deswegen sind auch sämtliche inhaltlichen Punkte, die ich im Interview zur diskriminierenden Bundesgesetzgebung geäußert habe, weggefallen. Kein Wort über die Residenzpflicht, kein Wort über die Zumutungen des Asylbewerberleistungsgesetzes, das Dublin-System … statt dessen Beschränkung auf Äußerlichkeiten (Strohhüte für die Kofferträger) usw., die zwar nicht unwichtig sind, die aber nicht grade den Kern meiner Kritik darstellen.

In diesem Sinne war es für mich lehrreich, die Sendung zu sehen. Weitere Interviews werde ich Ihrem Haus nicht mehr geben, und als warnendes Beispiel werde ich dieses Schreiben auf meiner Homepage einstellen.

Mit freundlichen Grüßen