Artikel: Verschlossene Türen

Die NPD ist eines der Themen auf der am heutigen Mittwoch in Bad Saarow beginnenden Konferenz der Innenminister von Bund und Ländern (IMK). Dem vor einem halben Jahr gefaßten Beschluß, Material für ein Verbotsverfahren zusammenzutragen, haben sich zwar die von der Union regierten Länder verweigert, aber SPD-Innenminister haben ein 100-Seiten-Dossier erstellt.

Darin kommen sie nach Informationen der Neuen Osna­brücker Zeitung zu dem Schluß, daß die NPD über eine kämpferisch-aggressive, gegen die Verfassung gerichtete Haltung verfügt und ihr Verbot gerechtfertigt wäre. Ein Verfahren sei aber nicht vor 2010 möglich, weil zunächst die V-Leute des Verfassungsschutzes abgezogen werden müßten. Die Union lehnt das weiterhin ab. An dieser Frage war bereits das erste Verbotsverfahren 2003 gescheitert.

Das Dossier bleibt vorerst geheim und ist am Dienstag zusammen mit einem Gutachten des Verfassungsschutzes von Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) dem Parlamentarischen Kontrollgremium (PKG) zugeleitet worden. Die Linksfraktion verlangt, daß auch die Obleute des Innenausschusses Einsicht erhalten. Der IMK-Vorsitzende und Innenminister von Brandenburg, Jörg Schönbohm (CDU), kritisierte im Interview mit der Welt (Dienstagausgabe) das Agieren der SPD: »Wer ein Verbotsverfahren möchte, sollte öffentlich schweigen und hinter verschlossenen Türen gemeinsam daran arbeiten.« Die Innenminister werden auf der bis Freitag dauernden Sitzung auch erörtern, ob es möglich ist, die NPD wegen Verfassungsfeindlichkeit von der staatlichen Parteienfinanzierung auszuschließen. Die als gemeinnützig getarnten, neofaschistischen Vereine wird das Gremium ebenfalls beschäftigen.

Schönbohm kündigte außerdem an, ein neues »Programm Innere Sicherheit« auf die Tagesordnung zu setzen. Ziel der von ihm geforderten »Sicherheitsagenda für das neue Jahrtausend« ist es offenbar, die Bundesländer weit stärker als bisher in den sogenannten Krieg gegen den Terror einzubeziehen. Schönbohm, ein ehemaliger Bundeswehrgeneral, befürwortet ausdrücklich die Absicht der Bundesregierung, die Zahl der in Afghanistan stationierten Polizisten auf 120 zu verdoppeln (plus weitere 300 aus anderen EU-Staaten). Da die Kapazitäten der Bundespolizei erschöpft seien, müßten nun die Länder einspringen, so Schönbohm: »Wir stehen in der Pflicht, daran teilzunehmen.« Als weitere Elemente seines Programms nannte er die Onlinedurchsuchung und die Neudefinition der Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern.

Der Hamburger Innensenator Udo Nagel (parteilos) will ein 22-Punkte-Programm gegen Jugendkriminalität vorstellen. Es reicht von der Forderung, Spielkonsolen in Kaufhäusern werktags bis 15 Uhr abzuschalten, um keine »Anreize für Schuleschwänzen« zu bieten, bis zur Umstellung der polizeilichen Kriminalstatistik. Nagel fordert, bei jugendlichen Straftätern auch die »Herkunftsdaten der Eltern« zu erfassen. Bis in welche Generation der Abstammungsnachweis reichen soll, ist noch nicht bekannt.

Eher pessimistisch blicken Flüchtlingsinitiativen auf das Treffen, das unter anderem über einen möglichen Abschiebestopp von Flüchtlingen aus Sri Lanka beraten wird. Nicht auf der Tagesordnung stehen alltägliche Schikanen gegen Flüchtlinge, beispielsweise in Form der Residenzpflicht. Der Flüchtlingsrat Brandenburg ruft zur Kundgebung heute um 10 Uhr in Bad Saarow auf.