„Die aktuellen Regelungen zum Asyl– und Aufenthaltsrecht verdeutlichen“, so Dagdelen, „dass es der Bundesregierung am politischen Willen fehlt, die Abschiebepraxis wirklich zu stoppen. Lächerliche zwanzig Prozent der rund 100 000 Menschen, die sich Ende 2006 länger als sechs Jahre in Deutschland aufhielten, bekamen eine Aufenthaltserlaubnis. Ursache sind die viel zu hohen Anforderungen für das Bleiberecht. Der geforderte Nachweis eines Arbeitsplatzes ist für viele eine unüberwindbare Hürde und die Passpflicht ein weiteres Verhinderungsinstrument. Wer keinen Pass vorlegen kann, erhält kein Bleiberecht und ohne Pass auch keine Arbeit. Die jetzige Regelung ist keine humane Lösung, sondern eine sozialökonomische Selektion. Die Bundesregierung betreibt mit ihrer Migrationspolitik Flüchtlingsabwehr und Menschenauslese nach ihrer Nützlichkeit für den globalen Standortwettbewerb.“
Ulla Jelpke fordert, die Praxis der so genannten Widerrufsprüfungen bei Asylentscheidungen abzuschaffen. Die Bundesregierung habe heute in einer Antwort auf eine Kleine Anfrage (Drs. 16/7227) mitgeteilt, dass seit Juli vorigen Jahres 3058 irakischen Flüchtlingen der Status als Asylberechtigter bzw. Flüchtling aberkannt worden ist. Das entspreche, bei 4338 Entscheidungen, einer Aberkennungsquote von rund 70 Prozent. „Mehr als 20.000 weiteren Irakern steht eine solche Prüfung noch bevor, und damit verbunden die Verschlechterung des Aufenthaltsstatus bzw. gar eine drohende Abschiebung“, so Jelpke. „Diese flüchtlingsfeindliche Widerrufspraxis existiert nur in Deutschland. Die Innenminister sollten diesen Sonderweg schnellstens wieder aufgeben.“
Die beiden Abgeordneten solidarisieren sich mit den Protesten für ein umfassendes Bleiberecht, wie sie heute und morgen anlässlich der Innenministerkonferenz von Initiativen wie „Jugendliche ohne Grenzen „ oder „Hiergeblieben“ durchgeführt werden.