Artikel: Zwangsverpflichtung nach Afghanistan

Die Ausweitung des Polizeieinsatzes in Afghanistan ist eines der Themen der 185. Sitzung der Ständigen Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder (IMK), die am Donnerstag und Freitag in Berlin stattfinden soll. Traditionsgemäß treffen sich die Politiker am Vorabend der Konferenz – also am heutigen Mittwoch – mit dem Bundes-innenminister zu einem Vorgespräch. Wolfgang Schäuble (CDU) ist bei der Konferenz formal nur Gast, redet aber in der Praxis ein gewichtiges Wort mit.
Schäuble will u. a. das Bundespolizeigesetz ändern. Damit soll es möglich werden, daß deutsche Beamte zum Einsatz in der europäischen Polizei-truppe »EUPOL Afghanistan« zwangsverpflichtet werden können, was unter dem gegenwärtigen Dienstrecht nicht möglich ist. Ferner soll die afghanische Polizei mehr Ausbildungshilfe und eine bessere Ausstattung bekommen. Militär- und Polizeieinsatz sollen offenbar weiterhin Hand in Hand gehen. Der neue CSU-Vorsitzende Erwin Huber hatte anläßlich eines Besuchs in Kabul am Wochenende dem afghanischen Außenminister Rangin Dadfar Spanta ausdrücklich eine »längerfristige Hilfe« durch die BRD zugesichert.
Die IMK wird sich auch mit der Einleitung eines neuen NPD-Verbotsverfahrens befassen, nachdem die SPD auf ihrem Hamburger Parteitag einen entsprechenden Beschluß gefaßt hat. Es ist aber nicht zu erwarten, daß sich die Innenminister zu einem entschiedenen Vorgehen gegen die Rechtsextremisten entschließen, denn von Unionsseite wurde schon abgewinkt. Hessens Innenminister Volker Bouffier (CDU) betonte im aktuellen Spiegel, die Mehrheit der IMK halte einen Erfolg eines erneuten Verbotsverfahrens »für mehr als fraglich«. Seit einigen Wochen wird aber diskutiert, ob es Möglichkeiten gibt, die skandalöse Finanzierung der Neonazis aus Steuergeldern zu unterbinden, wie sie in Form von Wahlkampfkostenerstattung und Zuschüssen an rechte Bildungseinrichtungen stattfindet,.
Ob die Unionsparteien einem NPD-Verbotsverfahrens zustimmen würden, wenn dafür die SPD beim Thema der heimlichen Online-Durchsuchungen von Privatcomputern nachgibt, ist Spekulation. Jedenfalls kündigte Bouffier an, daß CDU und CSU bei der IMK darauf drängen werden, die von ihm als »notweniges Instrument« bezeichneten »Bundestrojaner« und damit neue Eingriffe in Bürgerrechte gesetzlich zu gestatten.
Zudem wir die Innenministerkonferenz erneut die Abschottungspolitik der Europäischen Union (EU) gegen Flüchtlinge aktiv unterstützen. Schäuble hat sich erst in der letzten Woche positiv zur Erweiterung des Schengen-Raumes geäußert und erklärt, dies führe nicht zu weniger Sicherheit. Dazu muß man aber wissen, daß die Polizei an den neuen EU-Außengrenzen etwa in Tsche-chien oder den baltischen Staaten mit EU-Mitteln und damit auch Steuergeldern aus der BRD enorm aufgerüstet worden ist.

erschien in junge welt 05.12.2007 / Inland / Seite 4