Artikel: Flüchtlingsrat sieht Lücken in Abschiebestoppregelung

Mit solchen Versprechungen werden bei den Betroffenen verständliche Hoffnungen geweckt. Es ist aber Vorsicht geboten, was am Ende dabei wirklich herauskommt. Im „Kleingedruckten“, also in den Details solcher Regelungen verbergen sich oft Fallstricke.
Beispielsweise hat der Berliner Innensenator Erhart Körting mit Schreiben an die Ausländerbehörde vom 28.06.06 im Hinblick auf eine eventuell kommende bundesweite Bleiberechtsregelung einen Abschiebungsstopp für langjährig geduldete Flüchtlingsfamilien.verfügt. Diese Regelung enthält aber folgenden Ausschlussgrund: Nicht vom Abschiebestopp begünstigt sind diejenigen Personen, bei denen „aufenthaltsbeendende Maßnahmen in der Vergangenheit aus vom Ausländer zu vertretenden Gründen“ nicht vollzogen werden konnten. Das bedeutet, dass immer dann, wenn in der Vergangenheit – sei es auch vor etlichen Jahren -eine Ausweisung oder Abschiebung gescheitert ist aus Gründen, die in der Sphäre des Ausländers liegen, greift der jetzige Abschiebestopp nicht zu seinen Gunsten ein. Ein typisches Beispiel hierfür wäre der Verlust an Ausweispapieren oder das Ablaufen der Geltungsdauer eines Passes.

Der Berliner Flüchtlingsrat hat daher die Befürchtung geäußert, dass dieser Ausschlussgrund eine Vielzahl von Geduldeten betreffen könnte. Diese Sorge ergibt sich für den Flüchtlingsrat daraus, dass die Vorschrift an ein „irgendwann in der Vergangenheit liegendes Verhalten“ anknüpfe. Ausländerbehörden würden erfahrungsgemäß immer dann ein Verschulden des Betroffenen unterstellen, wenn in der Akte kein aktuell gültiger Pass vorliege. Dies sei aber, so der Flüchtlingsrat, zu irgendeinem Zeitpunkt wohl bei jedem geduldeten Ausländer einmal der Fall. Der Flüchtlingsrat kritisiert, dass die Beweislast für „Nichtverschulden“ dem Ausländer aufgebürdet werde. Somit bestehe die Gefahr, dass der Abschiebestopp in der Praxis ebenso leer laufen werde wie die seinerzeit von der damaligen SPD/Grünen-Bundesregierung propagierte Abschaffung der Kettenduldung. Mit dem seit 1. Januar 2005 geltenden Zuwanderungsgesetz sollte der für die Flüchtlinge unzumutbare Zustand, dass kein dauerhafter Aufenthaltsstatus gewährt wird, sondern nur jeweils eine kurze Verlängerung von Duldungen, abgeschafft werden und damit die Rechtsunsicherheit ein Ende haben. Die Regelung des § 25 Abs. 5 des Aufenthaltsgesetzes erwies sich aber als ungeeignet. Nach wie vor gibt es die Kettenduldungen.

Aus dieser schlechten Erfahrung heraus ist Skepsis geboten, was eine „Bleiberechtsregelung“ unter solchen Prämissen wirklich bringen wird. Der Berliner Flüchtlingsrat meint, die Zahl der davon profitierenden Geduldeten dürfte gegen Null tendieren, wenn die selben Voraussetzungen formuliert werden wie beim aktuellen Berliner Abschiebestopp.

Deshalb bleibt die Forderung nach einer wirklich großzügigen Bleiberechtsregelung, für alle 200 000 geduldeten Flüchtlinge weiterhin auf der Tagesordnung. Mit restriktiven Regelungen, die nur der Propaganda der Innenminister dienen, ist den Flüchtlingen nicht gedient. Der Berliner Flüchtlingsrat hält unvermindert an der Kampagne „Hier geblieben – Recht auf Bleiberecht!“ fest.