Haft endet viel zu oft tödlich

„2020 starben in deutschen Gefängnissen 77 Menschen durch Suizid. Die Zahl der Suizide in Haft hat sich damit gegenüber 43 im Vorjahr nahezu verdoppelt, nachdem sie zuvor deutlich zurückgegangen war. Dass sich Jahr für Jahr so viele Gefangene gezwungen sehen, das eigene Leben zu beenden, ist erschreckend. Der Staat hat für diese Menschen eine Schutz- und Fürsorgepflicht, der er aber offensichtlich nicht gerecht wird“, erklärt die innenpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, Ulla Jelpke, zur Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage zu Todesfällen in Haft seit 2018. Jelpke weiter:

„Es ist fraglich, ob es sich bei diesen Todesfällen tatsächlich immer um Suizide handelt, denn vielfach werden Gefangene durch Isolation, Gewalt und unterlassene Hilfeleistung zermürbt und geradezu in den Tod getrieben. Heute ist der erste Todestag von Ferhat Mayouf, der am 23. Juli 2020 durch einen Zellenbrand in der JVA Moabit starb. Offiziell wird sein Tod als Suizid eingeordnet. Doch durch die Aussagen von Mitgefangenen ist bekannt, dass er minutenlang verzweifelt um Hilfe schrie, nachdem in seiner Zelle ein Feuer ausgebrochen war. JVA-Bedienstete sollen währenddessen tatenlos im Gang herumgestanden haben. Als die Feuerwehr die Zellentür öffnete, war Ferhat Mayouf schon tot. Diese Vorwürfe müssen lückenlos aufgeklärt und die Schuldigen zur Verantwortung gezogen werden!

Die medizinische und insbesondere psychologische Betreuung von Häftlingen muss dringend verbessert werden. Darüber hinaus muss das gesamte Knastsystem auf den Prüfstand. Es ist eine völlige Fehleinschätzung, dass Menschen sich bessern, wenn sie über Jahre auf engstem Raum eingeschlossen und entmündigt werden. Im Vordergrund darf nicht Bestrafung stehen, sondern die Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen und persönlichen Umständen der Täter, um sie auf ein Leben in Freiheit vorzubereiten.“

Anfrage und Antwort können hier eingesehen werden: 1930832_ Todesfälle in Haft seit 2018