Rede: Abschottungspolitik stoppen, solidarische Flüchtlingsaufnahme jetzt!

Rede zu TOP 31 a-d) der 148. Sitzung des Deutschen Bundestages: a)Beratung des Antrags der Abgeordneten Luise Amtsberg, Filiz Polat, Claudia Roth (Augsburg), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Besonders Schutzbedürftige aus dem Mittelmeerraum aufnehmen und kommunale Aufnahme ermöglichen Drucksache 19/17513 b) Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Inneres und Heimat (4. Ausschuss) zu dem Antrag der Abgeordneten Luise Amtsberg, Dr. Franziska Brantner, Claudia Roth (Augsburg), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Humanitäres Aufnahmeprogramm für besonders schutzbedürftige Asylsuchende aus Griechenland Drucksachen 19/16838 (neu), 19/17198 c) Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Inneres und Heimat (4. Ausschuss) – zu dem Antrag der Abgeordneten Ulla Jelpke, Gökay Akbulut, Dr. André Hahn, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. Solidarische Städte und kommunale Initiativen zur Flüchtlingsaufnahme unterstützen – zu dem Antrag der Abgeordneten Luise Amtsberg, Filiz Polat, Dr. Franziska Brantner, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Regionale und kommunale Flüchtlingsaufnahme stärken Drucksachen 19/8648, 19/9275, 19/17199 d) Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Inneres und Heimat (4. Ausschuss) zu dem Antrag der Abgeordneten Marc Bernhard, Udo Theodor Hemmelgarn, Frank Magnitz, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der AfD Wohnungsnot substanziell bekämpfen – Migration als Ursache für Wohnungsnot benennen Drucksachen 19/16051, 19/…

 

Ulla Jelpke (DIE LINKE):

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Kollege Strasser, es wäre wenigstens ein Anfang der Solidarität, mit den Städten anzufangen, die bereit sind, Flüchtlinge zusätzlich aufzunehmen,

(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

anstatt wieder alles vom Tisch zu wischen.

Meine Damen und Herren, gestern sind in mindestens 19 Städten Tausende von Menschen auf die Straße gegangen. Sie fordern die Aufnahme von Schutzsuchenden aus Griechenland und ein Ende der menschenverachtenden Abschottungspolitik an den europäischen Außengrenzen. Ich meine, das ist die richtige Antwort, wenn man die Krise wirklich bekämpfen will, die sich an der türkisch-griechischen Grenze abspielt.

In Griechenland machen Polizei, Militär Hand in Hand mit faschistischen Bürgerwehren die Grenzen dicht. Tausende Schutzsuchende wurden seit der einseitigen Grenzöffnung

(Enrico Komning (AfD): Überall Faschisten!)

durch die Türkei gewaltsam zurückgewiesen. Wer es doch geschafft hat, die Grenze zu überqueren, wird inhaftiert, ausgeplündert oder sofort zurückgeschoben. Das Asylrecht hat die griechische Regierung einfach so ausgesetzt. Ich frage Sie hier: Ist das nicht ein Bruch des EU-Rechts, des Völkerrechts?

(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Haben Sie nicht alle diese Werte in Europa beschlossen? Stattdessen müssen wir uns heute anhören, Sie wollen solidarisch mit der griechischen Regierung sein. Gemäß der Genfer Flüchtlingskonvention hat jeder ein Recht auf die Prüfung seines Asylantrages. Schutzsuchende ohne ein faires Verfahren in die Türkei zurückzuschicken, ist illegal. Das muss man ganz deutlich sagen.

(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf von der AfD: Das sind keine Flüchtlinge!)

Wie tief muss die EU eigentlich noch sinken? Das sind doch normalerweise Selbstverständlichkeiten.

Den Menschen, die an der türkischen Grenze ausharren, muss sofort die Einreise nach Europa

(Dr. Alexander Gauland (AfD): Ja, natürlich!)

gestattet werden. Natürlich dürfen wir Griechenland mit der Versorgung nicht alleinlassen. Die Bundesregierung – das sage ich vor allen Dingen den Unionskollegen – muss als Beispiel vorangehen. Nur dann werden andere EU-Staaten mitziehen.

(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Jürgen Hardt (CDU/CSU): Das haben wir ja gesehen!)

Deswegen brauchen wir ein humanitär angelegtes Aufnahmeprogramm.

Vizepräsident Wolfgang Kubicki:

Frau Kollegin, erlauben Sie eine Zwischenfrage der Kollegin Frau von Storch?

Ulla Jelpke (DIE LINKE):

Von wem?

Vizepräsident Wolfgang Kubicki:

Nein?

Ulla Jelpke (DIE LINKE):

Nein.

Vizepräsident Wolfgang Kubicki:

Gut.

(Zuruf von der AfD: Schade! – Beatrix von Storch (AfD): Sie hat gefragt: „Von wem?“)

Ulla Jelpke (DIE LINKE):

„Von wem?“, habe ich eigentlich gefragt.

Vizepräsident Wolfgang Kubicki:

Frau von Storch wollte eine Zwischenfrage stellen.

Ulla Jelpke (DIE LINKE):

Nein, danke.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der LINKEN, der CDU/CSU, der SPD, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Das muss ich nicht haben. Bei dieser Fraktion kann man wirklich nur noch sagen: grausam.

(Enrico Komning (AfD): Alles Faschisten!)

Meine Damen und Herren, es gibt in Deutschland eine große Bereitschaft bei Bundesländern, Gemeinden und Städten. 138 haben ihre Aufnahmebereitschaft bereits kundgetan. Nehmen wir zum Beispiel Berlin: Die Sozialsenatorin hat angekündigt, sie könnte sofort 2 000 Plätze zur Verfügung stellen. Das ist doch ausgezeichnet.

(Beifall bei der LINKEN)

Wer macht Ihnen einen Strich durch die Rechnung? Darum sollte sich mal die FDP kümmern. Es ist Herr Seehofer. Er könnte ohne Weiteres – das steht übrigens in unseren Anträgen drin – den Kommunen die Genehmigung erteilen, dies durchführen.

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Natürlich muss dies auch entsprechend gefördert werden.

(Zuruf des Abg. Bernhard Loos (CDU/CSU))

Vizepräsident Wolfgang Kubicki:

Frau Kollegin, kommen Sie zum Schluss, bitte.

Ulla Jelpke (DIE LINKE):

Die Kommunen müssen unterstützt werden.

Die Möglichkeit einer europäischen, solidarischen Lösung ist nur dann gegeben, wenn wir endlich den Anfang machen und nicht nur auf alle möglichen anderen EU-Staaten starren, die nichts tun wollen.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)