Pressemitteilung: Stochern im Dunkelfeld rechtfertigt keine Re-Kriminalisierung der Prostitution

„Die Forderungen der Bundesregierung nach Genehmigungspflicht für Prostitutionsorte und anlassunabhängige polizeiliche Kontrollmöglichkeiten beruhen auf der Behauptung, „dass Prostitution nach wie vor in einem kriminogenen Umfeld stattfindet“. Belege dafür bringt die Bundesregierung nicht. Nach Ansicht der Bundesregierung „liegt die Annahme auf der Hand, dass das Dunkelfeld der nicht angezeigten Straftaten“ im Bereich des Menschenhandels zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung „größer als bei anderen Straftaten“ ist. Doch eine Dunkelfeldstudie zum Nachweis dieser Annahme ist nicht geplant. Auch der von Unionsseite geäußerte Vorschlag regelmäßiger Gesundheitsuntersuchungen von Prostituierten durch das Gesundheitsamt entbehrt jeglicher empirischer Grundlage und dient nur der Stigmatisierung von Prostituierten. So hat die Bundesregierung keine Kenntnis darüber, dass zwangsweise angeordnete Gesundheitsuntersuchungen für einzelne Personengruppen den Gesundheitsschutz dieser Personen erhöhen. Ebenso wenige liegen der Bundesregierung statistisch gesicherte Informationen über eine Zunahme besonders problematischer oder besonders ausbeuterischer Formen der Prostitution vor, deren Verbot sie plant. Solche Gesetzesverschärfungen, die allein auf Dunkelfeldstocherei und unbewiesenen Hypothesen beruhen, sind unzulässig.“

In der Zusammenschau der Antworten auf die Kleine Anfrage zum Hintergrund für den möglichen Reformbedarf beim Prostitutionsgesetz hält Cornelia Möhring, frauenpolitische Sprecherin der Fraktion, fest: „Aus den Antworten zur Bundesregierung lässt sich der nächste Koalitionskrach schon erahnen. Die Bundesregierung weiß offenbar nicht, warum und in welche Richtung das Prostitutionsgesetz zu reformieren ist. Die bisherigen Vorschläge aus der Fraktion der CDU/CSU sind ein Bündel von Maßnahmen, mit dem Prostituierte wieder verstärkt stigmatisiert oder – ohne sie anzuhören oder zu beteiligen – in einen Opferdiskurs gezwungen werden. Z. B. wird die Anhebung des Mindestalters von 21 Jahren zur Ausübung von sexuellen Dienstleistungen real nur eine Konsequenz haben: es werden noch mehr insbesondere Frauen ins Dunkelfeld abgeschoben. Während Politikerinnen der CDU/CSU den Reformbedarf mit dem Thema Menschenhandel vermischen und ihn durch ihre eigenen Vorschläge möglicherweise ausweiten, bleiben sie beim dringenden Opferschutz für Zwangsprostituierte weiterhin untätig.“

Anfrage und Antwort sind hier einzusehen:

1801831_ProstG.pdf