US-Sicherheitsdienste sollen weiterhin Zugriff auf die Kontodaten von Millionen europäischen Bankkunden erhalten. Am Montag unterzeichneten Vertreter der Europäischen Union und der USA in Brüssel das sogenannte SWIFT-Abkommen. Zuvor hatten die Regierungen aller 27 Mitgliedsstaaten einschließlich des Bundeskabinetts dem EU-Ratsbeschluß über die Unterzeichnung des Papiers zugestimmt. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) begrüßte die neue Vereinbarung, die angeblich »deutliche Verbesserungen« bezüglich des Rechtsschutzes und des Datenschutzes enthält.
Aus US-Sicht notwendig wurde das mit der »Terrorismusbekämpfung« begründete Abkommen, nachdem der Finanzdienstleister SWIFT, über dessen Computer monatlich 146 Millionen Zahlungstransaktionen abgewickelt werden, seinen bisherigen Sitz von den USA nach Belgien verlegt hatte, um sich dem Zugriff der US-Fahnder zu entziehen. Nach EU-Angaben wurden zuletzt rund 90 Millionen Daten von SWIFT an die USA geliefert.
Nachdem die EU-Staaten einschließlich der Bundesregierung eingeknickt waren, stoppte erst das Europäische Parlament am 11. Februar 2010 mit großer Mehrheit den Vertrag vor allem aus datenschutzrechtlichen Erwägungen. Daraufhin wurde nachverhandelt. Neu ist insbesondere, daß nun ein EU-Beamter in den USA die Auswertung der übermittelten Daten überwachen darf. Die EU-Polizeibehörde Europol soll zudem prüfen, ob ein Terrorverdacht begründet ist. Weiterhin dürfen die USA Daten grundsätzlich nur bei Zustimmung des Ursprungsstaates an Drittstaaten weitergegeben werden. Berichtigungs-, Löschungs- und Sperrungsrechte könnten über die Datenschutzbehörden des jeweiligen EU-Staates an die USA weitergeleitet werden.
Bevor es Anfang August in Kraft treten kann, muß nächste Woche noch das Europaparlament über das überarbeitete Abkommen befinden. Eine Zustimmung gilt als sicher, nachdem sich Konservative und Liberale bereits vergangene Woche grundsätzlich für ein Ja entschieden hatten und nun auch der Vorsitzende der europäischen Sozialdemokratie, Martin Schulz, grünes Licht seiner Fraktion versprach. Linke und Grüne im Europaparlament lehnen SWIFT weiterhin ab.
In den Augen des Bundesbeauftragten für den Datenschutz, Peter Schaar, erfüllt auch das überarbeitete Abkommen »die datenschutzrechtlichen Mindestanforderungen nicht«. So könne nicht hingenommen werden, daß die übermittelten Daten fünf Jahre in den USA gespeichert blieben.
Die »schallende Ohrfeige, die das Europaparlament im Februar dem SWIFT-Abkommen erteilt hat«, habe Wirkung gezeigt, meint dagegen die innenpolitische Sprecherin der FDP im Bundestag und sieht »nachhaltige Verbesserungen« beim Datenschutz als Erfolg ihrer Fraktion an. »Das neue Abkommen ist nicht besser als das alte«, nennt dagegen Jan Korte, Mitglied im Vorstand der Linksfraktion, die Zustimmung eine »datenschutzrechtliche Katastrophe«. Auflagen, welche US-Einrichtungen die Daten erhalten dürfen, fehlten ebenso wie Mengenbestimmungen. Schwammige Formulierungen öffneten dem Datenmißbrauch Tür und Tor. Die Linksfraktion wird am 7. Juli im Bundestag einen Antrag abstimmen lassen, dem Vertrag nicht zuzustimmen. Auch Grünen-Chef Cem Özdemir appellierte an das Europaparlament, das Inkrafttreten des Abkommens zu verhindern.