Grußwort zur Demonstration gegen antimuslimischen Rassismus

Liebe Freundinnen und Freunde,

Islamhass gilt heute als scheinbar politisch korrekter Rassismus, der selbst bei vielen ehemaligen Linken und Teilen der Frauen- und Schwulenbewegung gepflegt wird.

Darauf bauen Rassisten, Rechtsextreme und Neofaschisten, um mit Hetze gegen Moscheeneubauten oder Muslime im Allgemeinen an die sogenannte Mitte der Gesellschaft zu gelangen und diese für ihre menschenverachtenden Ziele zu gewinnen.

Mit ihrer Hetze gegen Muslime können rechte und rassistische Gruppierungen wie Pro NRW und Pax Europa zudem problemlos an die herrschende Politik der Bundesregierung und der anderen westlichen Staaten anknüpfen. Denn jenseits vollmundig verkündeter Islamkonferenzen und Integrationsgipfel erscheint da weiterhin jeder Fremde, jeder Migranten, jeder Moslem als potentieller Gefährder. Menschen aus islamischen Ländern stehen spätestens seit den Anschlägen vom 11. September 2001 geradezu unter terroristischem Generalverdacht. Je angepasster sie sind, je pünktlicher sie ihre Miete zahlen und je öfter sie Alkohol trinken, desto gefährlichere Schläfer sind sie in den Augen der Sicherheitsdienste.

Gerade erst wurden in München zwei Studenten muslimischen Glaubens für zwei Wochen in Unterbindungshaft genommen, weil sie vor sechs Jahren mal Kontakt zu jemandem gehabt hatten, der wiederum Kontakt zu einem mutmaßlichen Al Quaida-Mitglied gehabt haben soll. Daraus leitet sich für die bayerische Justiz und Polizei schon ab, dass diese beiden ansonsten unschuldigen Männer einen Anschlag auf das Oktoberfest begehen könnten. Das ist schlicht eine rassistische Vorverurteilung.

Diese staatliche Diskriminierung von Muslimen – und die offene Islamhetze von rechten Vereinigungen wie Pax Europa, Pro NRW, der Republikaner und der NPD – dienen zugleich der psychischen Mobilmachung der Bevölkerung für weiteren Grundrechtsabbau in Deutschland und Bundeswehrkriegseinsätzen in islamischen Regionen wie in Afghanistan. Dazu passt es dann, wenn die Bundeswehrzeitschrift „Y“ Bilder von führenden Islamisten und Taliban so zeichnerisch verzerrt abbilden, dass sie an die antisemitischen Hass-Karikaturen des Naziblattes Stürmer erinnern.

Als Sozialistin geht es mir nicht darum, den Islam zu verteidigen, ebenso wenig, wie ich irgendeine andere Religion verteidige. Ich sehe es auch nicht als Aufgabe emanzipatorischer Linker an, eine Religion gegen die andere zu verteidigen, für den Bau neuer Gottestempel einzutreten oder gar rückständige, Frauen- oder Schwulenverachtende Bräuche unter dem Mantel der Religionsfreiheit zu verteidigen.

Aber als Linke müssen wir für die Freiheit des Glaubens eintreten. Und dazu gehört auch, dass Gläubige gleich welcher Religion das Recht auf ihre Gebetsräume und Treffpunkte haben, ob diese nun Moscheen, Kirchen oder Synagogen heißen.

Und es gilt, jedem Rassismus entgegenzutreten. Fremdenfeindlichkeit ebenso wie Antisemitismus und Islamhass. Lassen wir nicht zu, dass Brandstifter wie Pax Europa das friedliche Zusammenleben der Menschen hier in Berlin und anderorts mit ihrer Islamfeindlichen Hetzte stören.

Mit solidarischen Grüßen,

Ulla Jelpke