Artikel: Datensammler unter Druck

So lange wollen aber weder Bürgerrechtler noch die Internetbranche warten. Oliver Süme, Vorstandsmitglied von eco, erklärte am Mittwoch: »Europarechtsexperten haben von Anfang an davor gewarnt, daß der Richtlinie die vertragsrechtliche Grundlage fehlt.« Rat und Europaparlament hätten dramatisch unterschätzt, wie weitgehend eine flächendeckende und verdachtsunabhängige Speicherung aller Kommunikationsverbindungen in die Europäische Menschenrechtskonvention eingreift.« Süme erklärte, die Bundesregierung solle dem Beispiel Österreichs folgen und die Richtline aussetzen.

Die Gegner der Vorratsdatenspeicherung gehen auf zwei getrennten juristischen Wegen vor. Beim Bundesverfassungsgericht sind 35000 Verfassungsbeschwerden anhängig. Die Karlsruher Richter haben bereits im März in einer Eilentscheidung einen Teil des Gesetzes außer Kraft gesetzt. Ein endgültiges Urteil steht jedoch noch aus. Beim Europäischen Gerichtshof hat Irland parallel dazu eine Nichtigkeitsklage erhoben, über die am Dienstag verhandelt wurde. Dabei stand die formale Frage im Vordergrund, ob statt einer Richtlinie ein EU-Rahmenbeschluß notwendig gewesen wäre. Die irische Regierung macht geltend, die Vorratsdatenspeicherung diene der Bekämpfung schwerer Verbrechen und hätte deshalb als EU-Rahmenbeschluß im Bereich der Polizei- und Justizzusammenarbeit verabschiedet werden müssen. Auch im Bundestag hatte die Opposition kritisiert, daß die EU bei der Entscheidung für eine Richtlinie »getrickst« habe, um die Notwendigkeit eines einstimmigen Beschlusses, der nicht zustande gekommen wäre, zu umgehen. Die Prozeßbeobachterin des Arbeitskreises Vorratsdatenspeicherung, Suat Kasem, zeigte sich nach der Verhandlung am Dienstag »geschockt« darüber, daß der oberste Datenschützer der EU, Peter Hustinx, mit der umfassenden Speicherung der Kommunikationsdaten der Bürger offenbar kein Problem habe. Der AK Vorratsdatenspeicherung ist dennoch zuversichtlich, daß der EuGH die Richtlinie kassieren wird und damit für das Bundesverfassungsgericht den Weg freimacht, das entsprechende deutsche Gesetz ebenfalls aufzuheben.