Artikel: BND-Chef gerettet

Der Innenexperte der Linksfrak­tion im Bundestag, Wolfgang Neskovic, hatte zuvor Rücktrittsforderungen an Uhrlau aus dem Regierungslager als »Ablenkungsmanöver« bezeichnet. Es gehe nicht um seine Person, sondern »um die Kontrollfähigkeit der Geheimdienste«. FDP-Obmann Max Stadler sagte, die neuen Bespitzelungsfälle deuteten darauf hin, daß der BND sich immer mehr zu einem »Staat im Staate« entwickle.

Vergangenen Freitag hatte Uhrlau überraschend mitgeteilt, er habe sich bei der Hamburger Journalistin entschuldigt, weil deren E-Mail-Verkehr mit einem afghanischen Politiker von Juni bis November 2006 erfaßt worden sei. Damit geriet die Pullacher Behörde erneut ins Kreuzfeuer der Kritik, nachdem kürzlich ihre fragwürdige Zusammenarbeit mit der Steuerfahndung und ihre Verwicklung in die Tätigkeit deutscher Sicherheitsfirmen in Libyen für Schlagzeilen gesorgt hatten.

Viele Mitglieder des PKGr sind auch empört, weil sich der BND mit dem neuesten Fall als Wiederholungstäter in Sachen Eingriff in die Pressefreiheit outet. Das Gremium hatte Ende 2005 den früheren Bundesrichter Gerhard Schäfer beauftragt, die jahrelange Praxis des BND, kritische Journalisten zu bespitzeln, zu untersuchen. Schäfer legte hierzu einen Bericht vor, der die Rechtswidrigkeit dieser Observierungsmaßnahmen feststellte. Der Rapport wurde am 26. Mai 2006 veröffentlicht. Unmittelbar danach begann der BND mit der Erfassung von Mails der Spiegel-Reporterin. Zudem ist den PKGr-Mitgliedern unerklärlich, warum die im November 2006 beendete Aktion gegen Koelbl sowohl der Bundesregierung als auch dem PKGr bis März 2008 vorenthalten wurde. BND-Präsident Uhrlau selbst soll angeblich erst im Dezember 2007 von der Überwachungsaktion erfahren haben.

Am Donnerstag berichtete auch der frühere ZDF-Korrespondent Ulrich Tilgner, ihm sei im vergangenen Jahr von einem hohen deutschen Diplomaten erklärt worden, er müsse damit rechnen, vom BND abgehört zu werden. Grund für die Lauschaktion seien telefonische Kontakte gewesen, die er damals mit dem in Afghanistan entführten deutschen Ingenieur Rudolf Blechschmidt gehabt habe, sagte Tilgner dem Deutschlandfunk. PKGr-Vorsitzender Oppermann erklärte zu diesem Fall, es habe damals lediglich das Handy des Entführten lokalisiert werden sollen. Diese BND-Aktion sei »demokratisch legitimiert« gewesen.

Der Spiegel hat unterdessen eine straf- und verfassungsrechtliche Überprüfung der Bespitzelung seiner Mitarbeiterin angekündigt.