Artikel: Wegsperren hilft nicht

In ihrer Antwort auf eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion mußte die Bundesregierung zugeben, daß das Wegsperren von jugendlichen Straftätern zu besonders hohen Rückfallquoten führt. Nach einer Haftstrafe ohne Bewährung werden demnach 78 Prozent der Verurteilten erneut straffällig. Dagegen werden mit 60 Prozent deutlich weniger Jugendliche rückfällig, die zu einer Bewährungsstrafe verurteilt wurden. Völlig kontraproduktiv erscheint auch der Jugendarrest. Mit diesem Begriff wird eine Inhaftierung für die Dauer von einem Wochenende bis zu vier Wochen bezeichnet. 70 Prozent der damit bestraften Jugendlichen wurden erneut straffällig. Die ehemalige Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) erteilte am Wochenende jeder Verschärfung des Jugendstrafrechts eine Absage.

Im Januar hatte der hessische Ministerpräsident Roland Koch (CDU) – vergeblich – versucht, die Landtagswahlen mit populistischen Forderungen nach härteren Strafen zu gewinnen. Dabei wurde er von der Spitze der CDU einschließlich Bundeskanzlerin Angela Merkel unterstützt.

In der Sache sind sich Fachleute seit langem darin einig, daß insbesondere der von Koch vehement geforderte »Warnschußarrest« nichts bringen kann. Sie fordern statt dessen für junge Gewalttäter langfristig angelegte Programme zum Eintrainieren von Verhaltensweisen, die Dritte nicht schädigen. Und Kriminologen wie der Hannoveraner Professor Christian Pfeiffer mahnen die Politik immer wieder, mehr in Bildung und soziale Chancen als in neue Gefängnisse zu investieren.

Die Antwort auf die FDP-Anfrage zeigt auch, daß 2006 bundesweit nur 17 Jugendliche und Heranwachsende zur heutigen Maximalstrafe von zehn Jahren verurteilt worden sind. Die Bundesregierung hat zudem mitgeteilt, daß die Möglichkeit, junge Straftäter zwischen 18 und 21 Jahren(»Heranwachsende«) nach Erwachsenenstrafrecht abzuurteilen, in den Bundesländern sehr unterschiedlich genutzt wird. Die Quote der Verurteilungen Heranwachsender nach allgemeinem Strafrecht liegt in den alten Bundesländern für 2005 und 2006 bei rund 37 Prozent. In Hamburg und Hessen wurde diese Möglichkeit hingegen noch weniger genutzt: In der Hansestadt wurde in 85 Prozent der Fälle Jugendstrafrecht angewandt, in Hessen waren es 78 Prozent. In den neuen Bundesländern wurden Heranwachsende überwiegend nach Erwachsenenstrafrecht verurteilt.