Rede auf einer antifaschistischen Demonstration am 1.Mai in Dortmund

Heute am internationalen Kampftag der ArbeiterInnenbewegung provozieren Neofaschisten mit bundesweiten Aufmärschen.

Es ist kein Zufall, dass die Neonazis ihre größte Demonstration ausgerechnet in Dortmund abhalten. Nach Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen und anderen Gebieten Ostdeutschlands zielen sie jetzt auf die Eroberung des Ruhrgebiets. Denn ähnlich wie in den ostdeutschen Bundesländern leiden auch hier besonders viele Menschen unter den Folgen der neoliberalen Politik, unter Deindustrialisierung, Massenentlassungen, hoher Arbeitslosigkeit und Perspektivlosigkeit.

Angesichts dieser kapitalistischen Verheerungen präsentieren sich die Neofaschisten als Vertreter der sozial Schwachen. Ihre Rezepte sind die alten: Arbeitsplätze nur für Deutsche lautet ihre rassistische Scheinlösung.

Die Neofaschisten reden sogar vom Kampf gegen den Kapitalismus. So taten es schon ihre historischen Vorbilder – bevor sie mit Hilfe des Großkapitals an die Macht gebracht wurden. Dann taten die Hitlerfaschisten alles, um die Profite der Industrie zu steigern. Sie zerschlugen die Organisationen der Arbeiterbewegung und beraubten die Arbeitenden aller demokratischen Rechte. Sie besetzten die Gewerkschaftshäuser und raubten das Vermögen der Gewerkschaften. Sie verboten die Arbeiterparteien SPD und KPD und ermordeten unzählige Gewerkschafter, Sozialisten und Kommunisten. Die große Industrie bekam dagegen lukrative Rüstungsaufträge und Sklavenarbeiter, die sie bis auf den Tod ausbeuten konnte.

Die Geschichte hat bewiesen: der Faschismus ist der Todfeind der Arbeiterinnen- und Arbeiterbewegung. Diese geschichtlichen Erfahrung gilt es wach zuhalten. Sie ist eine machtvolle Barriere gegen ein weiteres Erstarken der Neofaschisten heute. Daher schließe ich mich dem Aufruf der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes VVN BDA an, heute in Dortmund jeden Stolperstein, jeden Friedhof, jede Mahntafel für die Widerstandskämpfer und den Ort der Judendeportationen gegen die Faschisten zu verteidigen«.

Ermutigt werden die Neonazis auf der Straße von einem Geschichtsrevisionismus, der längst in der Mitte der Gesellschaft angekommen ist. Der Ministerpräsident von Baden-Württemberg, Günther Oettinger, hat den ehemaligen Ministerpräsidenten und „furchtbaren Juristen“ Hans Filbinger anlässlich seines Todes zum Gegner des Nazi-Regimes verklärt. Tatsächlich war Filbinger ein Nazi der ersten Stunde, der 1933 in die SA und 1937 in die NSDAP eintrat. Filbinger war als Marinerichter noch in den letzten Kriegswochen entscheidend an Hinrichtung eines Deserteuers beteiligt.

Es ist kein Zufall, das Oettinger diese Tatsachen zu leugnen suchte. Schließlich gehörte auch Oettinger dem Studienzentrum Weikersheim an, dessen Gründer und Ehrenpräsident Filbinger war. Das sich selbst als „christlich-konservative Denkfabrik der Mitte“ bezeichnende Studienzentrum Weikersheim ist ein Scharnier zwischen dem rechtskonservativen Flügel der CDU/CSU, offenen Neonazis und Vertretern der Industrie. Der Fall Oettinger beweist einmal mehr: die Grenze zwischen dem rechten Rand der Unionsparteien und Rechtsextremen ist oftmals fließend.

Die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes VVN-BdA hat im Januar eine Kampagne für ein Verbot der NPD gestartet. Es wurden bereits Zehntausende Unterschriften gesammelt. Ein Verbot der NPD ist überfällig. Es würde den Neonazis ihre rassistische und antisemitische Hetze in der Öffentlichkeit erheblich erschweren. Es würde sie von der staatlichen Finanzierung durch Wahlkampfkostenrückerstattung abschneiden und von den Möglichkeiten, über Landtagsfraktionen an Infrastruktur und Mitarbeiterstellen zu kommen. Vor allem würde ein Verbot der NPD als wichtigster Kraft im rechtsextremen Lager die demokratische Legitimation nehmen, die sie in Teilen der Bevölkerung mittlerweile genießt. Daher rufe ich alle hier auf, die Kampagne der VVN zu unterstützen.

Aber wir dürfen die Bekämpfung des Neofaschismus nicht dem Staat überlassen. Es ist notwendig, selber aktiv zu werden und so wie heute in Dortmund den Nazis in breiten, demokratischen Bündnissen entgegen zu treten.

Als Linke müssen wir den Opfern der neoliberalen Globalisierung, von Hartz IV und Massenentlassungen eigene solidarische Lösungsangebote machen, damit sie nicht den braunen Rattenfängern mit ihrer nationalistischen Demagogie auf den Leim gehen.

Dabei dürfen wir nicht den populistischen Fehler begehen, den Kampf für die Gleichberechtigung der Frau, für die Rechte von Homosexuellen und Migrantinnen und Migranten zum Nebenwiderspruch zu erklären. Denn nur, wenn wir konsequent gegen jede rassistische oder sexistische Unterdrückung eintreten, können wir auch den Faschismus in den Köpfen der Menschen besiegen.

No Pasaran – Sie werden nicht durchkommen!

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