Pressemitteilung: Integrationsverweigerung ist Staatspolitik

Nach dem Urteil des Berliner Landgerichts gegen den Mörder von Hatun Sürücü
nutzen Politiker der Regierungsparteien die verbreitete Empörung, um sämtliche
muslimischen Zuwanderer unter Generalverdacht zu stellen. Wer, wie etwa der
Berliner CDU-Kandidat Friedbert Pflüger, nun pauschal Muslimen vorwirft, die
Werteordnung des Grundgesetzes nicht zu teilen, lehnt sich entschieden zu weit aus
dem Fenster. Und wer, wie der CSU-Politiker Hans-Peter Uhl, gar so genannte
Integrationsverweigerung per Strafrecht sanktionieren will, sollte sich erstmal an die
eigene Nase fassen.
Integrationsverweigerung ist keine Erfindung der Einwanderer –
Integrationsverweigerung ist vielmehr staatliche Politik, der die Einwanderer seit
Jahrzehnten ausgesetzt sind. Ihren Ausdruck findet sie in Ausländergesetzen, in
Diskriminierungen auf dem Arbeitsmarkt, in stigmatisierenden Diskursen und nicht
zuletzt in rassistischer Gewalt, wie am Wochenende in Potsdam erneut deutlich
wurde. Integration von Migranten wird von der Mehrheitsgesellschaft auf vielfache
Weise behindert.
Die Regierungspolitiker sollten endlich zur Kenntnis nehmen, dass sie es mit
deutschen Problemen zu tun haben, die in Deutschland zu lösen sind. Patriarchale
Gewalt ist kein Monopol von Moslems und Einwanderern, genauso wenig wie
Zwangsehen – gerade im katholischen Bayern müsste man das sehr genau wissen.
Stattdessen wird nun so getan, als könnten „richtige Deutsche“ kein Wässerchen
trüben, als seien Gewalt gegen Frauen und Andersdenkende ein
„Ausländerproblem“. Das ist politische Brandstiftung, der schnell eine rassistische
Gewaltwelle folgen kann wie 1992. Das gilt es unbedingt zu verhindern!
Und was die Werteordnung des Grundgesetzes, etwa das Grundrecht auf
Menschenwürde angeht – hiergegen verstoßen Deutsche Tag für Tag, wie ein Blick
in den nächstgelegenen Abschiebeknast zeigt.

PE_060418_Sürücü.pdf