Artikel: Kampagne gegen Ausländer

In Bild behauptet der rechte Historiker Arnulf Baring pauschal, »die Ausländer« wollten sich nicht integrieren und hätten für ihr Gastland nur Verachtung übrig. In selbstgestrickten Reportagen werden »Araber und Türken« zur allgegenwärtigen Gefahr für Leib und Leben einer verfolgten deutschen Minderheit stilisiert. CSU-Chef Edmund Stoiber lamentiert ebenfalls über »Gewaltexzesse ausländischer Schüler« und kündigt massenhafte Abschiebungen bei »Integrationsverweigerung« an.

Jahrzehntelang haben die Herrschenden in diesem Land die sozialen Probleme von Zuwanderern verdrängt – nein, nicht nur verdrängt: Sie haben sie zum Großteil erst verursacht. Sie haben so gut wie nichts zur Lösung beigetragen. Die Einwanderer sollten ja nur so lange hier sein, wie ihre Arbeitskraft ausbeutbar war und dann wieder verschwinden. Integration wurde behindert.

Der Terror, dem Migranten durch Staat und Gesellschaft ausgesetzt sind, wird in Hetzblättern wie Bild nicht thematisiert. Daß in manchen Gebieten die Hälfte der Bevölkerung arbeitslos ist, daß sich Jugendlichen nach Schulabgang mit oder ohne Zeugnis – keine Perspektive bietet – all das spielt in der gegenwärtigen Hetzdebatte keine Rolle oder wird zur Alleinschuld der angeblichen Ausländer erklärt.

Es sind aber zumeist Kinder und Jugendliche, die in Deutschland geboren wurden. Zu »Ausländern« werden sie erst gemacht, von einer rassistischen Politik, die dem Blutsprinzip verhaftet ist und die Gewährung gleicher Rechte und Chancen für alle hier Geborenen und Lebenden verweigert. Die Rassenfanatiker haben ihre große Stunde, um soziale Probleme zu ethnisieren.

»Wenn Sprache so betont wird wie derzeit, kann sie auch zu einem neuen Ausgrenzungskriterium werden statt, wie plötzlich behauptet wird, ein Integrationsinstrument«, warnt Professor Wilhelm Heitmeyer von der Uni Bielefeld. Der Präsident des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge, einer nicht gerade ausländerfreundlichen Einrichtung, weist darauf hin, daß die Bereitschaft von Migranten zur Teilnahme an Sprach- und Integrationskursen weit über den Erwartungen liegt. Aber an den Kursen nehmen bis zu 25 Personen verschiedener Muttersprache und Bildungsgrade teil – ein schneller Lernerfolg ist da ausgeschlossen. Geduldete ohne sicheren Aufenthaltsstatus dürfen gar nicht erst teilnehmen, andere schreckt in Zeiten von Hartz IV die Teilnahmegebühr ab.

Und was unternimmt die Bundesregierung? Sie kürzt die bereitgestellten Gelder! Das läßt die Klage über mangelnden Integrationswillen als das erkennen, was sie ist: Verlogene Rassenhetze.

Aus: junge welt vom 07. April 2006