Türkei ist nur für Erdogan sicher

„Die Bundesregierung drückt sich feige um die Erklärung, dass die Türkei keineswegs ein sicherer Herkunftsstaat ist. Das ist angesichts der aktuellen Repressionen, der Unterdrückung der Meinungs- und Pressefreiheit, des blutigen Kriegs gegen die Kurden und der Unterstützung dschihadistischer Terrorgruppierungen durch die Türkei völlig unglaubwürdig und peinlich. Es ist auch in höchstem Maße beschämend, denn hier zeigt sich die unterwürfige Abhängigkeit Deutschlands von Erdogan als neuem Torwächter der Festung Europa“, kommentiert die innenpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, die Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Linksfraktion zu asylpolitischen Fragen in Bezug auf die Türkei. Jelpke weiter:

„Anfang Juli noch behauptete die Bundesregierung, die Türkei könne als sicherer Herkunftsstaat angesehen werden und setzte sich auch auf EU-Ebene für eine entsprechende Einstufung der Türkei ein. Sie brüskierte damit Flüchtlingskoordinator Altmaier, der sich öffentlich ganz klar gegen eine solche Einstufung positioniert hatte. Jetzt redet sich die Bundesregierung plötzlich damit raus, dass diese Frage bei gegebener Zeit auf EU-Ebene geklärt werden solle – und wagt es dabei nicht, das Offensichtliche auszusprechen: Die Türkei kann heute weniger denn je als sicherer Herkunftsstaat angesehen werden. Menschenrechte werden dort täglich mit Füßen getreten, doch die Bundesregierung schweigt dazu und kuscht vorm Autokraten Erdogan.

Anders als aktuelle Medienberichte vermuten lassen, nimmt die Zahl der aus der Türkei kommenden Asylsuchenden – zu fast 90 Prozent kurdischer Herkunft – derzeit sogar ab. Während  im Oktober 2015 noch 436 Asylsuchende aus der Türkei im EASY-System neuregistriert wurden, sank die Zahl im März 2016 auf 352 und zuletzt im Juli 2016 auf nur noch 275 Schutzsuchende aus der Türkei. Der zeitgleiche Anstieg bei den Asylantragszahlen von türkeistämmigen Flüchtlingen ist vor allem damit zu erklären, dass viele Anträge von Schutzsuchenden, die bereits 2015 eingereist sind, erst jetzt verzögert registriert und bearbeitet werden. Angesichts der katastrophalen menschenrechtlichen Lage in der Türkei bleibt nur die Erklärung, dass viele Flüchtlinge das Land aufgrund der deutlich verschärften Grenzüberwachungsmaßnahmen nicht mehr Richtung Europa verlassen können. Damit wirkt sich der EU-Türkei-Deal zusätzlich negativ für die innerhalb der Türkei verfolgten Kurden und türkischen Oppositionellen aus.

Äußerst bedenklich ist auch, dass die Anerkennungsquoten bei Asylsuchenden aus der Türkei gegenüber dem Vorjahr deutlich zurückgegangen sind – trotz der verschärften Repression und des blutigen Kriegs gegen die Kurden. Die sogenannte bereinigte Gesamtschutzquote sank von 32,9 auf 13,7 Prozent. Mit einer strengeren Entscheidungspraxis soll offenbar der politisch gewollten Einstufung der Türkei als angeblich sicherer Herkunftsstaat schon einmal der Boden bereitet werden. Das ist völlig inakzeptabel.“