Erklärung zum §129b-Prozess gegen Müslüm Elma in München

Gericht darf nicht mit der Gesundheit des Angeklagten spielen!

Der 7. Strafsenat des Oberlandgerichts München im Prozess gegen zehn türkeistämmige linke Aktivisten beabsichtigt, das Verfahren gegen den wegen Rädelsführerschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung angeklagten Müslüm Elma abzutrennen. Während die Verfahren gegen die anderen Angeklagten aufgrund der Corona-Pandemie ruhen sollen, ist die Fortführung des Verfahrens gegen Elma beabsichtigt, um – so der Vorsitzende Richter – „der besonderen Priorität des staatlichen Strafanspruchs zu genügen“. Ziel scheint es zu sein, Elma auch nach fünf Jahren weiter in Untersuchungshaft zu behalten, um ihn so schnell wie möglich zu verurteilen.
Ein fachmedizinisches Gutachten soll nun das Risiko einer Fortführung der Hauptverhandlung gegen Elma klären. Zu den Prozessterminen kommt einschließlich des Gerichts, der Verteidiger, Dolmetscher und Justizbeamten jedes Mal eine Vielzahl von Personen auf beengtem Raum zusammen. Der 60-jährige Elma, der aufgrund seiner politischen Überzeugung in der Türkei bereits insgesamt 20 Jahre in Haft verbracht und dabei schwere Folter erlitten hat, gehört aufgrund seiner Vorerkrankungen sowie seines Alters zur besonderen Risikogruppe bei einer Corona-Infektion.
Das Gericht darf nicht leichtfertig mit der Gesundheit des Angeklagten spielen. Eine Fortsetzung des Verfahrens gegen Elma unter den Bedingungen der Corona-Pandemie würde aber genau das bedeuten. Elma muss sofort aus der langen Untersuchungshaft freikommen und das Verfahren gegen ihn so, wie bei den übrigen, in Freiheit befindlichen Gefangenen, ausgesetzt werden.
Ulla Jelpke