Kommentar: Dann fliegt doch!

Pünktlich zu Beginn des neuen Jahres wartet die bayerische CSU mit einer neuen Stammtischparole auf: »Wer betrügt, der fliegt«. Gemeint sind Zuwanderer aus Bulgarien und Rumänien, die als freizügigkeitsberechtigte EU-Bürger nach Deutschland kommen. Da einige von ihnen Sozialleistungen beziehen, unterstellt ihnen die CSU kurzerhand Betrug: Sie kämen schon gar nicht mit der Absicht, hier von ihrer eigenen Arbeit zu leben, sondern um es sich mit Sozialleistungen bequem zu machen. Die Zahlen, die die Bundesregierung auf Anfrage der Linke-Fraktion im Bundestag dazu veröffentlichen mußte, sprechen hingegen eine andere Sprache: Nur ein geringer Teil der neu Zugewanderten ist auf Sozialleistungen angewiesen, auch der angeblich massenhafte Bezug von Kindergeld kann aus diesen Zahlen nicht belegt werden. Es handelt sich also um eine Variation des alten CSU-Klassikers: Wir wollen Zuwanderer, die uns nutzen, und keine, die uns ausnutzen. Auf die Hochqualifizierten aus den beiden EU-Staaten läßt man genausowenig etwas kommen wie auf diejenigen, die in der Landwirtschaft und auf Schlachthöfen unter miesesten Bedingungen ausgebeutet werden. Sie kommen in dieser Debatte schlicht nicht vor.

Im Internet ergoß sich zu Recht Spott über die Parole der CSU. Es wurde zahlreich an die Betrüger in den Reihen der CSU erinnert: Plagiator Guttenberg, Steuerbetrüger Hoeneß, die CSU-Abgeordneten des Landtags, die ihre Verwandten bei sich in Lohn und Brot gebracht haben. Die ­Liste von Steuerbetrügern, von Profiteuren diverser Amigo-Affären und Waffenschiebereien ließe sich noch um einige prominente Namen fortsetzen. Doch handelt es sich dabei eben um Mitglieder der besseren Kreise und nicht um mittellose Migranten auf der Suche nach einem besseren Leben. Denn das ist die eigentliche Botschaft der CSU an ihre rechte Wählerklientel, die sie gegen die »Alternative für Deutschland« und andere Rechtsaußen-Truppen im kommenden Europa-Wahlkampf an sich binden will. Die Mobilisierung gegen Armutszuwanderung hat nicht nur eine sozialchauvinistische, sondern eben auch eine klar rassistische Stoßrichtung. Die Armutsmigranten werden allgemein als Roma identifiziert, die man am Stammtisch hemmungslos »Zigeuner« schimpft und denen man gern auch mal Kinderdiebstahl und andere Verbrechen unterstellt. Gegen den Vorwurf des Rassismus, dem sich Seehofer allgemein ausgesetzt sah, reagierte er ebenfalls mit einer sattsam bekannten Argumentationsfigur: Man müsse die Probleme doch ernst nehmen, die ansonsten Wasser auf die Mühlen der Rechtsextremen seien. Als ob rassistische Ausgrenzung besser würde, wenn sie von waschechten Demokraten betrieben wird.