Sofortmaßnahmen gegen Flüchtlinge

 

Innenminister von Bund und Ländern wollen »Flut« von Asylanträgen aus Kosovo eindämmen

Von Ulla Jelpke (erschienen in der jungen Welt am 16.02.2015)

Am Freitag haben sich die Innenminister von Bund und Ländern auf eine Reihe von Maßnahmen verständigt, um dem Zustrom von Flüchtlingen aus dem Kosovo entgegenzuwirken (siehe jW vom Wochenende). Wie bereits zuvor verkündet, wird die Bundespolizei 20 Beamte entsenden. Im Kosovo soll über die Aussichtslosigkeit von Asylanträgen informiert werden, auch von schnellen Abschiebungen erhoffen sich die Minister eine Signalwirkung. Nur für die Einstufung als »sicherer Herkunftsstaat« fand sich bislang keine Mehrheit unter den Ressortchefs.

Die Aufgabe der Bundespolizei wird voraussichtlich in der Unterstützung der serbischen Grenzpolizei bestehen. Das hieße, dass die Kosovaren, die zum Teil serbische Papiere besitzen, schon vor Grenzübertritt an der Ausreise nach Ungarn gehindert werden sollen. Medienberichten zufolge sollen im Dezember und Januar bis zu 50.000 Kosovaren auf diesem Weg in die EU gelangt sein, die meisten Meldungen basieren allerdings auf Gerüchten und vagen Schätzungen. Fakt ist, dass im Januar 3.630 Kosovaren einen Asylantrag in Deutschland stellten. Das war eine Steigerung von 86 Prozent gegenüber dem Vormonat. Im gesamten Jahr 2014 stellten 6.908 kosovarische Staatsangehörige einen Asylantrag in der Bundesrepublik. Nur in 1,1 Prozent der Fälle wurde Abschiebeschutz gewährt. Insgesamt sollen nach Angaben des Bundesinnenministeriums (BMI) seit Jahresbeginn 18.000 Kosovaren eingereist sein. Die Mehrheit habe aber wegen des großen Andrangs noch keinen Antrag stellen können.

Um die Asylverfahren zu beschleunigen, sollen die Außenstellen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) in den Ländern Baden-Württemberg, Bayern, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen, in denen die meisten Menschen aus dem Kosovo ankommen, personell verstärkt werden. Außerdem sollen die Betroffenen nicht mehr wie bisher nach der Registrierung auf die Kommunen weiterverteilt werden. Statt dessen soll ihr Asylverfahren nun innerhalb von zwei Wochen in den Erstaufnahmeeinrichtungen abgewickelt werden. Der Europareferent von Pro Asyl, Karl Kopp, kritisierte: »Das werden sicher keine vorurteilsfreien Verfahren sein.« Es werde vor allem darum gehen, »die Menschen so schnell wie möglich für abschiebereif zu erklären«.Das Bundesinnenministerium gab darüber hinaus bekannt, man wolle die Menschen im Kosovo darüber informieren, dass sie in Deutschland keine echte Bleibeperspektive hätten. Diese Nachricht solle sie erreichen, bevor sie ihr Hab und Gut, Job und Familie zurückließen und Schleusern ihr »Geld in den Rachen« steckten, so ein Sprecher. Auch die Landesinnenminister forderten Maßnahmen, um Anwerbung und Transfer von Menschen durch Schleuser zu unterbinden.

Wie aus dem BMI ebenfalls verlautete, gebe es derzeit keine Pläne zur gesetzlichen Einstufung des Kosovo als »sicherem Herkunftsstaat«. Zuletzt war eine solche Einstufung per Gesetz bei Bosnien-Herzegowina, Mazedonien und Serbien erfolgt. Seit November vergangenen Jahres werden Asylanträge von Angehörigen dieser Staaten als »offensichtlich unbegründet« in Schnellverfahren abgelehnt, innerhalb einer Woche muss die Ausreise erfolgen. Für das Kosovo forderte am Freitag nur Sachsens Innenminister Markus Ulbig (CDU) eine solche Einstufung. Die SPD-Innenminister verwiesen hingegen auf den ausbleibenden Effekt der Einstufung im Falle der drei anderen Westbalkanstaaten. Diese sei »kurzfristig wirkungslos«, so Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius. Die flüchtlingspolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion Luise Amtsberg befand, eine solche Maßnahme sei »kein Allheilmittel«. Ein von Deutschland vergebenes Etikett ändere nichts an den Motiven der Menschen, die ihr Land verlassen wollten. Die Linksfraktion lehnt Einschränkungen rechtsstaatlicher Garantien im Asylverfahren auch weiterhin grundsätzlich ab.