Rede im Bundestag: Fluchtwege für syrische Flüchtlinge öffnen

Rede zu TOP 6 der 33. Sitzung des 18. Deutschen Bundestages, Beratung von Anträgen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD sowie der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, „Hilfe für die Flüchtlinge aus Syrien – Unterstützung für die Nachbarstaaten“ auf Drucksachen 18/1333 und 18/1335

Meine Damen und Herren,

es ist gut und richtig, dass die Bundesrepublik schon einiges zur Unterstützung der syrischen Flüchtlinge unternommen hat. Das wird im Antrag der Koalition ja auch alles ausführlich gewürdigt.

Wichtiger ist aber, wovon der Antrag schweigt. Er schweigt darüber, dass es keine sicheren Wege für Flüchtlinge in die EU gibt. Er schweigt über die Abschottung der Außengrenzen der EU und ihre tödlichen Folgen auch für syrische Flüchtlinge.
Doch DIE LINKE. wird über diese Opfer europäischer Flüchtlingsabwehr nicht schweigen!

Sehr geehrte Damen und Herren,
die ungefährlichste Fluchtroute für syrische Flüchtlinge führte über Land, über die Türkei nach Griechenland. Durch Zäune und Stacheldraht wurde dieser Weg unpassierbar gemacht. Wer den Fluchtweg über die Ägäis sucht, gerät in Gefahr vom griechischen Grenzschutz brutal zurückgewiesen zu werden oder zu ertrinken. Erst in dieser Woche sind 24 Bootsflüchtlinge in der Ägäis gestorben – Sie sind Opfer europäischer Abschottungspolitik!

Sehr geehrte Damen und Herren,
da ihnen der Weg über Griechenland versperrt wurde, mussten syrische Flüchtlinge in Richtung Bulgarien ausweichen. 2013 kamen elftausend Asylsuchende – über die Hälfte von ihnen Syrer – nach Bulgarien. Das sind zehnmal mehr als in den Jahren zuvor. Diese Menschen wurden in provisorischen Aufnahmelagern in Käfige gesperrt, sie mussten hungern, wurden misshandelt und gedemütigt. Trotz dieser Zustände schiebt die Bundesrepublik Asylsuchende dorthin ab, weil formal Bulgarien für ihre Asylverfahren zuständig ist.
Dieser Umgang mit schutzsuchenden Menschen ist schlicht menschenverachtend!

Sehr geehrte Damen und Herren,
Seit März 2014 haben sich die Verhältnisse im bulgarischen Asylsystem etwas gebessert. Die Aufnahmelager sind nicht mehr alle überfüllt. Das liegt keinesfalls an einer humaneren Politik der bulgarischen Regierung. Im Gegenteil – seit November 2013 lässt sie schlicht keine Flüchtlinge mehr über die Grenze. 1500 Polizisten wurden dorthin verlegt und ein 33 Kilometer langer Zaun an der Grenze zur Türkei errichtet; an weiteren Abschnitten gibt es ein dichtes Netz von Kameras und Sensoren. All das wird mit EU-Geldern finanziert. Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch hat nachgewiesen, dass die Grenzpolizei mit äußerster Brutalität gegen Flüchtlinge vorgeht und sie in die Türkei zurückschickt. Gegen diesen Skandal muss die Bundesregierung endlich ihre Stimme erheben!

Sehr geehrte Damen und Herren,
Wir werden uns bei diesem Antrag enthalten. Es reicht uns nicht aus, sich ausschließlich mit dem zu brüsten, was die Bundesregierung schon alles getan hat. Denn die Bundesrepublik kann und muss noch viel mehr tun, gerade bei der Aufnahme von Flüchtlingen. Auch auf EU-Ebene muss die Bundesregierung viel mehr Druck für eine gemeinsame Aufnahmeaktion machen. Die brutale Abschottung an den Außengrenzen, die in Berichten von Pro Asyl, amnesty international und Human Rights Watch aufgedeckt wurde, muss ein Ende haben. Eine humanitäre Wende in der europäischen Flüchtlingspolitik ist überfällig, und dafür werden wir uns weiterhin einsetzen.

Ich danke Ihnen.

(es gilt das gesprochene Wort)