Artikel: Terrorverdacht als Vorwand

Schäuble hatte seinen scheinbar generösen Vorstoß von vornherein darauf beschränkt, nur Angehörigen religiöser Minderheiten, insbesondere Christen, eine Zuflucht in der Europäischen Union zu gewähren. Von Flüchtlingsorganisationen war Schäubles Plan deshalb als unzureichend kritisiert worden. Aber selbst die »Schmalspurlösung« Schäubles stieß bei Innenpolitikern der CDU und CSU auf Widerstand. Nieder-sachsens Innenminister Uwe Schünemann (CDU) äußerte am Dienstag in der Welt Sicherheitsbedenken. »Es besteht die Gefahr, daß fanatisierte Glaubenskrieger nach Europa geschleust werden, und sie dann als Terroristen auf Abruf bei uns leben«, behauptete er.

Dies wurde in einer Pressemitteilung der Fraktion Die Linke im Bundestag als »absurd« bezeichnet. »Statt für eine humanitär dringend notwendige Aufnahme von Flüchtlingen zu werben, schüren die Innenminister der Union die Terror-Hysterie. Frei nach dem Motto: Jeder Iraker ist ein potenzieller Terrorist. Dabei fliehen die meisten der Schutzsuchenden gerade vor terroristischer Gewalt«, hieß es in der Pressemitteilung. Unabhängig vom Ergebnis der Tagung der EU-Innenminister müsse Deutschland endlich verbindliche Zusagen für eine Aufnahme irakischer Flüchtlinge machen.

Auch der nordrhein-westfälische Integrationsminister Armin Laschet (CDU) riet im Deutschlandradio, »die terroristische Gefahr nicht überzubetonen«. Insgesamt könne Deutschland 5000 Flüchtlinge aufnehmen. Der SPD-Innenpolitiker Sebastian Edathy sprach sich für eine Größenordnung im fünfstelligen Bereich aus.

Dagegen hat der irakische Ministerpräsident Nuri Al-Maliki nach einem Bericht der Süddeutschen Zeitung von gestern Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) darum gebeten, nicht zu viele christliche Flüchtlinge aus dem Irak in die EU aufzunehmen. Alle Christen seien wegen ihrer Bildung und ihrer Geschichte wichtig für den Wiederaufbau des Landes. Sollten sie einmal in der EU Tritt fassen, würde es sehr schwer werden, ihnen eine Rückkehr in den Irak noch attraktiv zu machen, sagte Maliki am Dienstag in Berlin. Sein Land wolle keine Staatsbürger verlieren.