Kommentar: Geheimdienste verletzten Rechtsstaatsprinzip

Auch wenn es nicht darum geht, die Verantwortung der RAF-Angehörigen in Frage zu stellen: Es bleibt skandalös, dass die Sicherheitsbehörden den Gerichten Informationen vorenthalten, um die offiziell erwünschte Darstellung der Geschehnisse abzusichern. Das bestätigt den Verdacht, dass die Verfahren gegen die RAF-Angehörigen keine „normalen“ Strafverfahren, sondern auch politische Prozesse waren. Die Anwendung des politischen Strafparagraphen 129a („terroristische Vereinigungen“) hat es in den 1970er Jahren möglich gemacht, eine Kollektivschuld für tatsächliche oder vermeintliche Mitglieder von RAF und anderen Vereinigungen auszusprechen. In den Strafprozessen wurde bewusst darauf verzichtet, individuelle Schuldnachweise zu führen – ein Prozessverhalten, das im Kampf gegen Rechts noch nie angewandt wurde.
Es deutet alles darauf hin, dass der Rechtsstaat in den RAF-Prozessen seine eigenen Prinzipien nicht eingehalten hat – nicht zum ersten Mal. Rechtlich äußerst fragwürdige Methoden wenden vor allem die Geheimdienste immer wieder an – angefangen vom „Celler Loch“ über die Bespitzelung von Journalisten und „Dienstreisen“ nach Guantánamo und anderen Folterstätten, wo nicht die Folter angeprangert wird, sondern ihre Opfer verhört werden.

Aus diesem Grund fordere ich von der Bundesregierung: Erstens müssen 30 Jahre nach dem „Deutschen Herbst“ endlich die Karten auf den Tisch gelegt werden. Zweitens müssen die Geheimdienste umgestaltet und endlich einer demokratischen Kontrolle zugeführt werden.