Grußwort zur Kundgebung gegen die Vergabe von Hermes-Bürgschaften für den Ilisu-Staudamm in der Osttürkei

Liebe Freundinnen und Freunde,

mit deutscher Hilfe soll in den kurdischen Gebieten der Türkei ein Mammut-Staudamm gebaut werden. Durch den Ilisu-Staudamm würden Zehntausende Menschen weitgehend entschädigungslos aus ihren Dörfern vertrieben. Die historische Stadt Hasankeyf mit ihren antiken Monumenten würde in den Fluten verschwinden. Und das Aufstauen des lebensnotwendigen Tigris-Wassers ohne Konsultation der Nachbarländer Syrien und Irak ist ein klarer Bruch internationalen Rechts und wird die politischen Spannungen im Nahen Osten weiter verschärfen.

Doch die Bundesregierung will mit öffentlichen Geldern für das Staudammprojekt zu haften. Der Stuttgarter Baufirma Züblin wurden Hermes-Bürgschaften zugesagt. Angeblich sollen Auflagen das geplante Projekt verbessern. Aber diese Auflagen bleiben geheim. Den betroffenen Menschen wird so weiterhin jede Mitsprache und Kontrolle verweigert.

Die Bundesregierung fordert von der Türkei mehr Demokratie ein. Doch sie selbst setzt sich über den Willen der Bewohner der betroffenen Region hinweg, die sich zu 80 Prozent gegen den Dammbau ausgesprochen haben.

Die systematische Zerstörung kurdischer Dörfer durch die türkische Armee in den 90er Jahren findet ihre Fortsetzung in der Vertreibung und Umsiedelung von 55.000 Menschen aus dem Gebiet des Stausees. Kamen beim Verbrennen der Dörfer Panzer aus deutscher Militärhilfe, zum Einsatz kamen, so tragen heute deutsche Gelder zu neuen so genannten ethnischen Säuberungen bei.

Anstatt Fluchtursachen zu bekämpfen, trägt die Bundesregierung zu neuen Vertreibungen bei. Und wenn die Opfer dieser Politik in Deutschland um Asyl bitten, wird ihnen dies mit Verweis auf eine angebliche Demokratisierung der Türkei verwehrt. Das ist eine zutiefst zynische Politik. Es ist die Fortsetzung der bisherigen deutschen Politik gegenüber den Kurdinnen und Kurden.

Um die guten wirtschaftlichen und militärischen Beziehungen zur Türkei nicht zu trüben, schweigt die Bundesregierung zur Unterdrückungspolitik Ankaras. Stattdessen werden im 13.Jahr des PKK-Verbots weiterhin kurdische Kulturvereine von der deutschen Polizei gestürmt und politisch aktive Kurdinnen und Kurden verhaftet. Weiterhin ist Deutschland Kriegspartei in Kurdistan.

Ich war selbst mehrere Male in den kurdischen Gebieten und kenne die Lebenssituation der Menschen dort. Ich weiß, dass die Kurdinnen und Kurden die Zerstörung ihres Landes durch den Staudammbau nicht hinnehmen werden. Und ich bin zuversichtlich, dass es uns gelingen wird, gemeinsam den Bau des Ilisu-Staudammes noch zu verhindern.

Ich fordere die Bundesregierung nochmals auf, keine Hermesbürgschaften für den Ilisu-Staudamm zu vergeben. Das PKK-Verbot muss endlich aufgehoben und die deutschen Grenzen für Flüchtlinge aus der Türkei geöffnet werden.

Grußwort_2007-02-02_Demo_gegen_Ilisu-Staudamm.pdf