Artikel: Antwort auf »Bedrohungslage«

Es soll sich den Bereichen Spionage, »Ausländerextremismus« und »Linksextremismus« widmen. Anders als bei den schon existierenden Gremien gegen islamistische Terroristen und gewalttätige Nazis, stößt die neue Einrichtung auf Protest bei Ländern und Oppositionsparteien.

Die Bezeichnung »gemeinsam« bezieht sich auf die Teilnahme sämtlicher polizeilichen und geheimdienstlichen Behörden von Bund und Ländern, also die Bundes- und Landesämter für Verfassungsschutz sowie das Bundeskriminalamt, die Landeskriminalämter, Amt für militärischen Abschirmdienst (MAD) und BND. Auch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge und das Zollkriminalamt werden mit von der Partie sein.

Das schon im Jahr 2004 gegründete Gemeinsame Terrorismus-Abwehrzentrum (GTAZ) in Berlin war eine Reaktion auf die Anschläge von 2001 in New York. Die Morde des sogenannten Nationalsozialistischen Untergrundes führten zur Schaffung des Gemeinsamen Abwehrzentrums Rechtsextremismus (GAR). Für für die Schaffung des neuen Zentrums gibt es keine plausible Begründung.

Friedrichs Eile wird scharf kritisiert. Der Minister hat seinen Schritt offenbar weitgehend im Alleingang unternommen. Die Länder wurden praktisch vor vollendete Tatsachen gestellt. Der nordrhein-westfälische Innenminister Ralf Jäger (SPD) sprach von einem »Schnellschuß« Friedrichs und kündigte an, sein Land werde sich an dem Zentrum bis auf weiteres nicht beteiligen. Sein baden-württembergischer Amtskollege Roger Lewentz (SPD) bemerkte, er erwarte, »daß Herr Friedrich sich in der gebotenen Gründlichkeit mit den Innenministern der Länder abstimmt, statt in populistischen Aktionismus zu verfallen«. Friedrich selbst behauptet hingegen, er habe den Ländern bereits im August seine Pläne vorgestellt. Dennoch wird er nun hinnehmen müssen, daß sich immerhin sechs Bundesländer nicht beteiligen werden.

Kritik gibt es aber auch am thematischen Zuschnitt des neuen Zentrums. »Rechts- und Linksextremismus sind zwei Paar Schuhe, Ausländerextremismus und Spionage wieder zwei andere«, erklärte der SPD-Innenexperte Michael Hartmann. Er warf Friedrich zudem vor, es sei »arrogant und anmaßend von ihm, wenn er jetzt erwartet, daß die Bundesländer dem Superzentrum mit ihrem Personal am Ende doch noch reumütig beitreten werden«. Die Linksfraktion befürchtet, Friedrich strebe langfristig die Gründung einer »Zentralstelle aller Sicherheitsbehörden« an, womit die Lehren aus dem Faschismus widerrufen würden. Petra Pau, Obfrau der Fraktion im Bundestagsuntersuchungsausschuß zum Nationalsozialistischen Untergrund, sagte, man werde verfassungsrechtlich prüfen, ob das Trennungsgebot von Polizei und Geheimdiensten verletzt worden sei.

Friedrich selbst behauptete dieser Tage, das Zentrum sei »eine wichtige Antwort auf die Bedrohungslage«, allerdings ohne sich zur Bedrohung durch angeblichen Linksextremismus zu äußern und ohne zu erläutern, welchen Sinn die »gemeinsame« Bekämpfung von ganz unterschiedlich motivierten Kriminalitätsphänomenen haben soll.

Im unklaren bleibt auch die Arbeitsweise des neuen Zentrums. Während sich im GTAZ die Behörden täglich und im GAR zweimal die Woche zum Gesamtplenum treffen, soll dies nach Angaben der taz im neuen Zentrum »womöglich nur alle drei Wochen oder in noch größeren Abständen« der Fall sein. Träfe dies zu, wäre das eine Bestätigung der Kritik des NRW-Innenministers Jäger, Friedrich unternehme nichts weiter als einen »PR-Gag«.