Erklärung von Ulla Jelpke und Renate Schultz zu den Grabschändungen durch die türkische Armee

Türkische Soldaten haben das Grab des Peschmerga-Kämpfers Sait Cürükkaya (Dr. Suleiman) in der osttürkischen Provinz Bingöl zerstört. Die Einebnung des Grabes und die Beseitigung eines noch nicht fertiggestellten Monuments für Sait Cürükkaya erfolgte auf Anweisung des Regierungsgouverneurs von Bingöl.

Sait Cürükkaya hatte sich nach Jahren des Exils in Deutschland zum Kampf gegen den Islamischen Staat (IS) den Peschmerga angeschlossen. Als Kampfmittelräumer entschärfte er innerhalb von zwei Jahren Tausende Sprengfallen. Im Zuge der Offensive von Peschmerga und irakischen Truppen gegen die IS-Hochburg Mosul war Cürükkaya im Oktober 2016 von einer Sprengfalle tödlich verwundet worden.

Die Zerstörung des Grabes von Sait Cürükkaya ist kein Einzelfall. In den letzten Monaten kam es zu einer Welle von Grabschändungen unter anderem in Diyarbakir, Batman und Van. Betroffen sind die letzten Ruhestätten von Opfern des IS-Attentats auf eine Friedenskundgebung in Ankara im Oktober 2015, von Freiheitskämpfern sowie im Kampf gegen den IS und Al Qaida in Syrien gefallenen Angehörigen der Volks- und Frauenverteidigungseinheiten YPG/YPJ. Verantwortlich für die Entfernung oder Übermalung der Grabsteine sind häufig die nach der Verhaftung der gewählten Bürgermeister per Regierungsdekret eingesetzten staatlichen Zwangsverwalter der Gemeinden.

Während der Krieg gegen die Lebenden mit Angriffen auf Kurden im Osten der Türkei, in Nordsyrien/Rojava und Drohungen gegen die nach Unabhängigkeit strebenden Kurden im Irak unvermindert weitergeführt wird, sind jetzt auch die Toten im Visier der türkischen Nationalisten und Faschisten. Am 13. September verhinderte ein faschistischer Mob, dass die verstorbene Mutter der kurdisch-alevitischen Politikerin Aysel Tugluk in Ankara beigesetzt werden konnte.

Mit den Grabschändungen und Zerstörungen soll das Gedenken an die Toten verhindert werden. Doch das wird nicht gelingen!

Wenn die Regierung von Präsident Erdogan sich noch einen Funken an Zivilisation bewahrt hat, sollte sie wenigstens die Ruhe der Toten respektieren. Wir fordern die türkische Regierung auf, den Grabschändungen und Zerstörungen durch die Armee Einhalt zu gebieten und die Wiederherstellung der Grabstätten von Sait Cürükkaya und anderen Freiheitskämpfern zu veranlassen.

Ulla Jelpke / Renate Schultz