Es gibt kein Defizit an Abschiebungen sondern an Menschlichkeit und Solidarität

„Im ersten Halbjahr 2017 wurde gegenüber 23.891 abgelehnten Asylsuchenden eine sogenannte Ausreiseentscheidung getroffen. Die Zahl der erfolgten Ausreisen und Abschiebungen ist höher: 23.934. Von einem Defizit bei den Abschiebungen kann daher keine Rede sein – wohl aber von einem Defizit an Menschlichkeit und Solidarität“, kommentiert die innenpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE. Ulla Jelpke, die Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage zu Abschiebungen im ersten Halbjahr 2017. Jelpke weiter:

„Die Zahl der Dublin-Überstellungen nach Italien hat sich im Vergleich zum ersten Halbjahr 2016 auf 918 fast verdoppelt, und das trotz der hochproblematischen Lage vor Ort. Sogar Familien mit Kindern werden nach Italien überstellt. Die Anzahl der erfolgten Abschiebungen in die Maghrebstaaten übersteigen mit 623 Personen den Gesamtjahreswert von 2016 sogar schon um ein Drittel. Die Zahl der Abschiebungen spricht nicht für zu lasche Behörden, sondern zeigt, dass immer noch skrupellos Menschen in Not, auf der Flucht vor Hunger und Krieg die Tür vor der Nase zugeschlagen wird.

Es ist einfach widerwärtig, wenn die Innenminister von Bund und Ländern immer wieder Bedrohungsszenarien an die Wand malen, von Masseninternierungen Ausreisepflichtiger im vierstelligen Bereich schwadronieren und das mit völlig verzerrten Zahlen Ausreisepflichtiger begründen. Ein großer Teil der 160.000 als ausreisepflichtig gemeldeten Geduldeten darf gar nicht abgeschoben werden und das ist auch gut so. Denn dagegen sprechen humanitäre und gesundheitliche Gründe.

Im Juni 2016 hatte Innenminister de Maizière sich öffentlich über Ärzte beklagt, die angeblich zu viele Atteste ausstellen würden, ‚wo es keine echten gesundheitlichen Abschiebungshindernisse gibt‘. Angeblich würden 70 Prozent der Männer unter 40 Jahren für transportunfähig erklärt. Dass diese Zahlen grotesk falsch waren, musste der Innenminister kleinlaut einräumen. Entschuldigt hat er sich für diese Hetze jedoch nicht. Das jetzige Eingeständnis, wonach es auch nach den eigens angeforderten Zulieferungen der Bundesländer keine aussagekräftige empirische Datenbasis zu angeblichen ‚Gefälligkeitsattesten‘ gibt, blamiert den Minister und alle Abschiebebürokraten der Länder ein zweites Mal. Statt erkrankte Flüchtlinge und ihre Ärzte und Behandler haltlos zu beschuldigen, sollte der Minister sich entschuldigen. Vor allem aber müssen die mit dem Asylpaket II beschlossenen Gesetzesverschärfungen im Umgang mit kranken Flüchtlingen schnell wieder zurückgenommen werden.“

Die Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE kann hier eingesehen werden:

KA 18_13114_Abschiebungen 1. Halbjahr 2017 Teil 1

KA 18_13114 Abschiebungen 1. Halbjahr 2017 Teil 2