Entrechtung der Flüchtlinge lässt Justiz kollabieren

„Das BAMF verweigert Zehntausenden von Flüchtlingen rechtswidrig den Familiennachzug. Die Entscheidungen der Gerichte machen deutlich, dass das BAMF nach politischen Vorgaben der Bundesregierung agiert und das Menschenrecht auf Familienzusammenführung mit Füßen tritt. Durch den bloß subsidiären Schutz wirkt das Trauma des Krieges und der Flucht fort und eine Integration wird aktiv verhindert“, kommentiert Ulla Jelpke, innenpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, die Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage (BT-Drs. 18/9657).
„Bis August 2016 haben 17.283 Flüchtlinge, denen ein nur subsidiärer Schutz gewährt wurde, gegen diese Entscheidung geklagt. Von den Gerichten erhalten sie zu etwa 90 Prozent Recht. Nach dem Asyl-Chaos im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) droht nun also ein Kollaps der Justiz. Denn bis September 2016 waren es schon 89.325 Flüchtlinge, die in den subsidiären Schutzstatus gedrängt werden, um ihnen das Recht auf Familiennachzug zu nehmen. Das ist unmenschlich und bürokratischer Wahnsinn“, Jelpke weiter:

„Die Bundesregierung täuscht die Öffentlichkeit, wenn sie erklärt, es habe keine Anweisung gegeben, verstärkt subsidiären Schutz zu erteilen. Mit Inkrafttreten des Asylpakets II, das die Aussetzung des Familiennachzugs zu subsidiär Schutzberechtigten vorsieht, wurde im BAMF geregelt, dass eine Anerkennung nach der Genfer Flüchtlingskonvention bei syrischen Asylsuchenden nicht mehr die Regelentscheidung sei. Zugleich wurde den Asylentscheidern die Vorgabe gemacht, dass Flüchtlingen aus Syrien nicht bereits wegen der Asylsuche im Ausland eine Verfolgung durch das Assad-Regime droht. Dies widersprach jedoch der vorliegenden Rechtsprechung, und weil sich an der Bedrohungslage in Syrien nichts geändert hat, entscheiden die Gerichte nun weitgehend im Sinne der Flüchtlinge. Einziges Ziel dieser menschenrechtswidrigen Übung ist: Den Betroffenen soll der Nachzug ihrer Familienangehörigen versagt werden.

Das betrifft übrigens auch den Nachzug von Eltern zu minderjährigen unbegleiteten Flüchtlingen. Hier hatte das SPD-geführte Familienministerium in der Ressortabstimmung zum Asylpaket II gepennt. Von März bis August 2016 wurde fast 800 unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen das Recht auf Familiennachzug versagt, indem sie einen nur subsidiären Schutz erhielten. Im Gesetzgebungsverfahren wurde noch behauptet, besondere humanitäre Härtefälle könnten auch auf anderer Rechtsgrundlage geklärt werden. Jetzt stellt sich heraus: Bis heute wurde in keinem einzigen Fall der Nachzug der Eltern ermöglicht. Das ist eine Schande und eine massive Verletzung des Kindeswohls.“

 

Die Antwort der Bundesregierung kann hier eingesehen werden:

KA 18_9657 Subsidiärer Schutz Syrer (002)