Bundesregierung lässt die mutigen Flüchtlinge im Stich

„Die Bundesregierung muss sich für eine schnelle Familienzusammenführung bei den mutigen syrischen Flüchtlingen einsetzen, die den Terrorverdächtigen Jabar Al-Bakr in Leipzig gefesselt der Polizei übergeben haben. Das gebieten sowohl der Dank diesen Flüchtlingen gegenüber als auch die Sicherheitsbedürfnisse ihrer Familienangehörigen.

Ich habe die Bundesregierung gefragt, ob sie in diesem Fall eine Familienzusammenführung sofort ermöglichen wird. Hintergrund sind mögliche Gefährdungen der Familienangehörigen in Syrien aufgrund des couragierten Einsatzes der Geflüchteten und die sehr langen Wartezeiten beim Familiennachzug zu anerkannten Flüchtlingen nach Deutschland. Die Bundesregierung weiß jedoch nicht, ob ein Familiennachzug beantragt wurde. Der Familiennachzug richte sich nach den gesetzlichen Vorschriften, eine „zügige Bearbeitung“ sollte in diesem Rahmen möglich sein, erklärte sie. Das macht sprachlos“, kommentiert die innenpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE., Ulla Jelpke die Antwort der Bundesregierung auf eine mündliche Frage vom 19. Oktober. Ulla Jelpke weiter:

„Ich erwarte, dass Bundes- und Landesbehörden alles tun, um die Sicherheit der mutigen syrischen Flüchtlinge – und ihrer Familienangehörigen – zu schützen. Kann es wahr sein, dass die Behörden die Betroffenen offenbar nicht einmal gefragt haben, ob ein Schutz ihrer Familienangehörigen erforderlich ist und ob entsprechende Nachzugsverfahren laufen und beschleunigt werden können? Die Bunderegierung jedenfalls weiß von nichts. In der Presse war aber zu lesen, dass zumindest der hauptbeteiligte Flüchtling um das Leben seiner Eltern und Geschwister bangt, die in einem vom IS kontrollierten Gebiet in Syrien leben. Deren Aufnahme müsste jenseits des regulären Verfahrens, das nur für Kernfamilienangehörige gilt, durch eine politische Entscheidung im Einzelfall realisiert werden.

Es ist das Mindeste, was die Bundesregierung gegenüber den Flüchtlingen tun kann und muss, schnell für eine Familienzusammenführung zu sorgen. In dem Zusammenhang auf die gesetzlichen Vorschriften und eine „zügige Bearbeitung“ in diesem Rahmen zu verweisen, ist einfach zynisch: Erst jüngst hat die Bundesregierung bestätigt, dass allein die Wartezeit zur Beantragung eines Visums zur Familienzusammenführung mit anerkannten Flüchtlingen in Beirut etwa 15 Monate beträgt, in der Türkei sieben bis neun Monate (Bundestagsdrucksache 18/9992, Frage 11) – hinzu kommen noch die jeweiligen Bearbeitungszeiten und bürokratische Anforderungen. Und falls die syrischen Flüchtlinge nur einen subsidiären Schutzstatus bekommen haben sollten, wie derzeit über 70 Prozent aller syrischen Asylsuchenden, dann gilt zudem die skandalöse gesetzliche Wartefrist bis März 2018.

Ich erwarte, dass die Bundesregierung diese Fragen jetzt aufklärt und schnell und humanitär handelt! Die Familienzusammenführung ist für die Betroffenen unendlich viel wichtiger als zum Beispiel eine Debatte darum, ob sie das Bundesverdienstkreuz erhalten sollen oder nicht.“

 

Antwort auf die Mündliche Frage aus der Fragestunde vom 19.10.2016: 20161019 MF 24 Familiennachzug Syrer Al Bakr