Rede im Bundestag: Verlängerung von Antiterrorgesetzen geht auf Kosten der Grundrechte

Rede zu TOP 14 der 124 Sitzung des 18. Deutschen Bundestages (24. 9. 2015)

Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Verlängerung der Befristung von Vorschriften nach den Terrorismusbekämpfungsgesetzen (Drucksache 18/5924)

 

 

Anrede,

 

 

die Bundesregierung beantragt die weitere Verlängerung einer ganzen Reihe sogenannter Antiterrorgesetze, die seit 2001 nach und nach eingeführt wurden. Auf die Kritik, diese Gesetze griffen unverhältnismäßig in die Grundrechte ein, hieß es bei ihrer Einführung beschwichtigend, sie seien ja befristet, würden also nur vorübergehend gelten.

 

 

Tatsächlich werden sie aber routinemäßig verlängert, ohne dass die Grundrechtseingriffe überhaupt noch thematisiert werden. Wir von der LINKEN finden jedenfalls: den Geheimdiensten immer mehr Macht einzuräumen, ist nicht Teil einer Lösungsstrategie, es ist Teil des Problems. Nun gilt es, wieder abzurüsten und den Grundrechten die Priorität einzuräumen, die sie verdienen.

 

Die Gesetze, um die es hier geht, berechtigen die Geheimdienste etwa dazu, Kontodaten abzufragen, Verkehrsdaten von Telekommunikationsunternehmen und Flugdaten einzusehen, Handy-Standorte zu erfassen und Gespräche abzuhören.

Die Anzahl der durchgeführten Maßnahmen beläuft sich im Schnitt nur auf eine zweistellige Zahl pro Jahr. Das allein gibt aber noch keinen Aufschluss über deren Verhältnismäßigkeit.

Das Bundesverfassungsgericht hat immer wieder darauf hingewiesen, dass es bei Grundrechtseingriffen auch auf deren kumulative Wirkung ankommt. Das heißt: Angesichts der Vielzahl von Geheimdienstbefugnissen und der heutigen technischen Möglichkeiten muss jedes Gesetz im Rahmen einer Gesamtschau und in der Wechselwirkung mit anderen Gesetzen bewertet werden.

 

Aber in der Evaluation, die jetzt die Verlängerung der Gesetze legitimieren soll, ist diese Prüfung einfach unterblieben.

 

In dem Papier heißt es wörtlich (Zitat): „Eine solch umfassende Analyse ist jedoch vom Evaluationsauftrag nicht abgedeckt gewesen“. Weiter heißt es, eine umfassende Auswertung sei schon, Zitat, „mit Blick auf die Besonderheiten nachrichtendienstlichen Arbeitens nicht realisierbar.“ Auch eine Langzeitbeobachtung sei weder beauftragt gewesen noch mit den Geheimdiensten überhaupt möglich, heißt es.

 

Schuld daran ist das Bundesinnenministerium, das den Rahmen für dieses Gutachten erstellt hat. Es hat den Auftrag bewusst eng formuliert, um einen Bericht zu bekommen, der die Regierungslinie unterstützt. Anders ausgedrückt: Das Bundesinnenministerium hat sich ein Gefälligkeitsgutachten besorgt.

 

Das zeigt sich zum Beispiel auch bei der Frage nach der Wirksamkeit der Überwachungsgesetze. Da tappen wir auch nach der Evaluation weiterhin im Dunkeln. Denn die Bewertung der Gesetze wurde von den Nachrichtendiensten selbst vorgegeben. Deren Behauptung, die Gesetze seien notwendig und wirksam, sollen wir einfach glauben ohne die Möglichkeit einer unabhängigen Nachprüfung.

 

Entschuldigung, aber eine solche Blauäugigkeit zu verlangen, nach Jahren voller NSU- und NSA-Skandale, das ist wirklich eine Beleidigung des Parlaments und auch der Bürgerinnen und Bürger.

Es gibt für eine solche Art von Bewertungen ein Wort: Gefälligkeitsgutachten.

 

DIE LINKE ist sehr dafür, Terroristen das Handwerk zu legen. Aber wir werden keinem Gesetz zustimmen, das die Kompetenzen der Geheimdienste erweitert, ohne die Folgen für die Grundrechte zu beachten. Der Nutzen der Gesetze ist nicht erwiesen, daher kann man sie Ende des Jahres getrost auslaufen lassen.