Schneller abschieben

Das Asylrecht, 1993 von Union, SPD und FDP schon extrem beschnitten, ist damit noch repressiver geworden. Innenminister de Maizière argumentierte gar, man müsse die Roma schneller loswerden, weil man derzeit Menschen aus Syrien aufnehmen wolle. Einen solch schäbigen Versuch, Flüchtlinge gegeneinander auszuspielen, hat es schon lange nicht mehr gegeben.

In einer Anhörung im Innenausschuß haben Sachverständige das Gesetz massiv kritisiert. Es ignoriert die Vielzahl von Diskriminierungen, denen Roma im Westbalkan ausgesetzt sind. Als Bosnien-Herzegowina vor wenigen Wochen von einer Flutkatastrophe heimgesucht wurde, schufen die Behörden Ersatzunterkünfte für obdachlos Gewordene – aber nicht für Roma. Denen wurde statt dessen ein mit Rattengift verseuchter Bunker zugewiesen. Roma werden aus den Schulen verdrängt, sie werden nicht in Krankenhäuser aufgenommen. Ihre Siedlungen bleiben ohne Wasserversorgung, Strom gibt es auch nicht. Die Behörden weigern sich, Roma vor Diskriminierungen zu schützen. Selbst bei massiven Ausschreitungen gegen sie sieht die Polizei tatenlos zu. Die zahlreichen Verletzungen sowohl ihrer politischen als auch sozialen Rechte können auch nach Auffassung des UN-Flüchtlingskommissars eine massive Verfolgung darstellen. Aber statt das im Einzelfall zu prüfen, sollen die Asylanträge künftig im Schnellverfahren abgelehnt werden.

Dieser Beschluß ist nicht nur inhaltlich verfehlt, er ist auch verfassungswidrig. Denn die Zustimmung der SPD kam überwiegend aufgrund der Koalitionsdisziplin zustande. 35 SPD-Abgeordnete haben in persönlichen Erklärungen zugegeben: Sie hielten das Gesetz für falsch, folgten aber dem Fraktionszwang. Dabei hat das Bundesverfassungsgericht 1996 klargestellt, daß der Gesetzgeber selbst verpflichtet ist, sich in einer gründlichen Prüfung ein eigenes Bild von der Achtung der Menschenrechte in einem Herkunftsland zu machen, bevor er es als »sicher« erklärt. Wenn die Abgeordneten zum Schluß kommen, daß die drei Länder nicht generell sicher sind – und das haben die SPD-Parlamentarier schriftlich zu Protokoll gegeben – müssen sie das Gesetz aus verfassungsrechtlichen Gründen zwingend ablehnen. Die SPD hat trotzdem zugestimmt. Sie haben die Menschenrechte auf dem Altar der Koalitionsräson geopfert. Man darf gespannt sein, ob nun die Grünen im Bundesrat, der im Herbst abstimmen wird, bei ihrem Nein bleiben oder sich auf einen Deal mit der Union einlassen.