Schleppende Hilfe

Mecklenburg-Vorpommerns Innenminister Lorenz Caffier, zugleich Sprecher der CDU-geführten Landesinnenministerien, wies am Dienstag entsprechende Vorstöße der Innenminister von Schleswig-Holstein (Andreas Breitner, SPD), Niedersachsen (Ralf Pistorius, SPD) und der rheinland-pfälzischen Integrationsministerin Irene Alt (Bündnis 90/Die Grünen) zurück.

Diese wollen mit einer sogenannten Aufnahmeanordnung in Deutschland lebenden Syrern die Möglichkeit geben, ihre Verwandten aus dem Bürgerkriegsgebiet und aus den Flüchtlingslagern in Libanon, Jordanien oder der Türkei zu sich zu holen. Das ist nur für Kinder und Ehegatten im Rahmen des Familiennachzugs möglich, nicht für Geschwister oder Großeltern. Caffier hält eine solche Anordnung aber für »derzeit nicht geboten«. Er will es dabei belassen, das bereits beschlossene Kontingent von 5000 Flüchtlingen aus Lagern im Libanon aufzunehmen. Erst bei der Innenministerkonferenz im Dezember will er darüber beraten, ob »weiterer Handlungsbedarf erkennbar« sei.

Dabei leben in Deutschland zahlreiche Syrer, die ihre Verwandten aufnehmen möchten, was sowohl unbürokratischer als auch schneller wäre als die Kontingentlösung. Der Bundestag hatte sich bereits Ende Juni einstimmig für eine solche Lösung ausgesprochen. Die Durchführung obliegt den Ländern.

Der Familiennachzug soll für Verwandte ersten und zweiten Grades gelten, sofern die Kosten für den Aufenthalt von den in Deutschland lebenden Einladern getragen werden. Damit können nur solche Syrer ihre Verwandten zu sich holen, die über ein entsprechendes Einkommen verfügen. Schätzungen gehen von nicht mehr als 400 bis 500 Flüchtlingen aus, die auf diesem Wege nach Deutschland kommen könnten. Dennoch weigert sich neben den CDU/CSU-geführten Innenressorts der Länder bislang auch der Innenminister von Nordrhein-Westfalen, Ralf Jäger (SPD), diese humanitäre Aufnahmemöglichkeit zu schaffen. Die restlichen SPD-geführten Innenressorts haben sich zu der neuen Initiative noch nicht geäußert.

Das unabhängig davon beschlossene Aufnahmekontingent von 5000 Personen war bereits im Mai durch die Innenminister beschlossen worden. Die ersten dieser Flüchtlinge werden allerdings erst Anfang September im Grenzdurchgangslager Friedland (Niedersachsen) eintreffen. Das Kontingent verteilt sich auf drei Gruppen: Flüchtlinge mit Verwandten in Deutschland, Menschen mit besonderem Schutzbedarf – sprich Kinder, alleinreisende Frauen, Kranke und Angehörige religiöser Minderheiten – und schließlich sollen Personen aufgenommen werden, die einen Beitrag zum Wiederaufbau Syriens leisten können. Bis auf Ausnahmen erfolgt die Aufnahme ausschließlich aus dem Libanon. Das UN-Flüchtlingskommissariat schlägt dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) entsprechende Personen vor. Hat das Bundesamt eine Aufnahmezusage gegeben, ist noch ein Ausreisevisum der libanesischen Behörden nötig. Zwei Wochen nach ihrer Ankunft in Friedland und dem Durchlaufen erster Sprach- und Orientierungskurse werden die Flüchtlinge dann auf die Bundesländer verteilt. Es ist also damit zu rechnen, daß sich dieses Aufnahmeverfahren noch über einige Monate hinziehen wird.