Antwort Kleine Anfrage (17/8834): Abschiebungen im Jahr 2011

– nach einem stetigen Abwärtstrend ist die Zahl der Abschiebungen zum ersten Mal wieder leicht gestiegen – von 7558 im Jahr 2010 auf 7917 im vergangenen Jahr
– die Zahl der Bußgeldbescheide gegen Beförderungsunternehmen, die irreguläre Migranten nach Deutschland gebracht haben, ist noch einmal leicht gestiegen, von 910 auf 1048. Noch einmal deutlich gestiegen ist das durchschnittlich gezahlte Bußgeld: von 1733 auf 1830 Euro. Hierin ist das Bemühen der Bundesregierung zu erkennen, die Fuhrunternehmen zu strengeren Kontrollen ihrer Fahrgäste zu zwingen – was weder ihre Aufgabe ist, noch von ihnen kompetent geleistet werden kann (weil sie ge- und verfälschte Papiere nicht erkennen können, weil sie mit den Details der Einreisebestimmungen nicht bekannt sind, etc.).
– die Zahl der von FRONTEX koordinierten Abschiebemaßnahmen unter Federführung der Bundespolizei ist deutlich gestiegen. Im vorvergangenen Jahr war die Bundespolizei an 20 gemeinsamen Abschiebemaßnahmen beteiligt, von denen sie bei vier federführend war; in vergangenen Jahr war sie bei neun von 21 Maßnahmen federführend. Die von der Bundespolizei betriebene Abschiebepolitik richtet sich gegen Personen aus dem Kosovo und aus Serbien, also in erster Linie gegen ausreisepflichtige Roma aus diesen beiden Staaten. Die letzte dieser Maßnahmen 2011 fand am 12. Dezember statt, also kurz vor dem Winter- und Kälteeinbruch in der Region! Die 181 Abschiebungen in den Kosovo bedeuten 2/5 aller Abschiebungen von Deutschland dorthin (513) – die komplett von FRONTEX finanziert werden. Salopp gesagt: Deutschland lässt sich seine herzlose Politik der Abschiebung von Roma in den Kosovo auch noch von FRONTEX finanzieren und befördert zugleich weitere Abschiebungen aus anderen EU-Staaten.
– 2011 wurden 18 Personen nach Syrien abgeschoben. 10 dieser Abschiebungen wurden im 1. Quartal 2011 durchgeführt, also vor den einschlägigen Urteilen einer ganzen Reihe von Verwaltungsgerichten zur Lage in Syrien und vor der Bitte des BMI an die Länder, keine Abschiebungen nach Syrien durchzuführen (April/Mai). Offensichtlich sind im Rest des Jahres noch einmal 8 Abschiebungen dazu gekommen, obwohl spätestens an März/April allen Beteiligten die schlimme Lage in Syrien bekannt gewesen sein muss.
– Die Zahl der unbegleitet einreisenden Minderjährigen steigt weiter an, auf 340 nach zuvor 289. Die mit Abstand größte Gruppe sind Flüchtlinge aus Afghanistan. Nach unserer Kenntnis geben die meisten an, aus Angst vor einer Zwangsrekrutierung durch die Taliban geflohen zu sein. Eine Chance auf Asyl haben die wenigsten, da allein die Angst vor einer Zwangsrekrutierung nicht als ausreichender Fluchtgrund gesehen wird. 40 von ihnen wurden in einen anderen EU-Staat zurückgeschoben, um dort ein Asylverfahren zu durchlaufen. Angesichts dieser geringen Fallzahl ist es einfach kleinlich, wenn sich die Bundesregierung hier auf die Dublin-Regelungen beruft, statt im Interesse des Kindeswohls das Asylverfahren in Deutschland zu betreiben.
– Bei den Zielstaaten taucht Italien an 2. Stelle auf! Unter den ersten 30 Zielstaaten sind 14 EU- und/oder Schengen-Mitgliedstaaten!
Dies belegt eindrücklich, dass Abschiebungen in zunehmendem Maße zu einem „innereuropäischen Geschäft“ werden. Schutzsuchende werden Tausendfach ihrer Freiheit beraubt und mit Gewalt zur Durchsetzung eines ungerechten Zuständigkeitsprinzips (Dublin II) von einem EU-Land zum nächsten geschickt.
– Wie man das auch immer bewerten mag: Diese Info ist relativ neu: 2011 gab es 17.560 Ausreiseentscheidungen gegen Drittstaatsangehörige, und 8.911 Ausreisen/Abschiebungen von Personen mit Ausreiseaufforderung (d.h. ca. 50%); der Rest müsste sich zusammensetzen aus: Duldung wg. tatsächlicher Abschiebungshindernisse, Untergetauchte, neue Abschiebungshindernisse nach Ausreiseaufforderung (Krankheiten usw.)
– hier zum download die Antwort und eine Auflistung der Abschiebungen nach Statsangehörigkeit, die in der ersten Fassung der Antwort vergessen wurde …

1708834_Abschiebungen_2011.pdf

KA_17_8557_Abschiebungen_2011_Nachtrag.pdf