Artikel: Datenskandal ohne Ende

Fast täglich werden neue Fälle des Datenmißbrauchs bekannt. Der Norddeutsche Rundfunk berichtete jetzt, daß sich ein Call-Center in Bremerhaven illegal Zugriff auf Datenbanken der Deutschen Telekom AG verschafft und Informationen an Dritte weiterverkauft habe. Die Telekom erklärte dazu, sie sei »offenbar Opfer hochkrimineller Machenschaften« geworden. Erst vor einer Woche waren der Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein 17000 Datensätze übergeben worden, die offensichtlich der »Süddeutschen Klassenlotterie« entwendet worden waren. Seither ermitteln mehrere Staatsanwaltschaften wegen der Diebstähle. Es soll mit Hilfe der entwendeten Kontonummern sogar zu unberechtigten Geldabhebungen gekommen sein.

Die nordrhein-westfälische Datenschutzbeauftragte Bettina Sokol gab bekannt, daß allein in NRW vermutlich mehrere zehntausend Verbraucher vom Mißbrauch ihrer Daten betroffen seien. Sokol sagte der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung, die Beschwerden hätten sich in den vergangenen Tagen gehäuft. Sie habe daher bei den Staatsanwaltschaften in Köln und Mönchengladbach Strafanzeigen gestellt.

Der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar befürchtet gar, »daß wir nicht einmal die Spitze des Eisberges sehen«. Er sprach sich für die Aufnahme des Datenschutzes ins Grundgesetz aus. Die stellvertretende Grünen-Fraktionschefin Bärbel Höhn forderte ein Verbot des Handels mit persönlichen Informationen. Außerdem müsse die Abschöpfung unrechtmäßiger Gewinne der Datenschieber möglich gemacht werden. Höhn fügte allerdings hinzu, ohne bessere Kontrollen würden auch Gesetzesverschärfungen wenig helfen.

Die innenpolitische Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion, Gisela Piltz, kritisierte Edathys Forderung nach einem Datenschutzgipfel als »Ablenkung von der Untätigkeit der großen Koalition«. Bereits im Frühjahr 2007 habe es im Innenausschuß des Bundestags eine Anhörung zur Modernisierung des Datenschutzrechts gegeben. Die große Koalition habe jedoch keine Bereitschaft gezeigt, die Vorschläge aufzugreifen.

Die Bundestagsabgeordnete Petra Pau (Die Linke) erklärte, ihre Frak­tion werde sich an dem Krisentreffen »kompetent und konsequent« beteiligen. Sie warnte allerdings vor Illusionen, denn die jeweiligen Regierungsfraktionen hätten sich bislang mitnichten als Hüter persönlicher Daten erwiesen. Im Gegenteil: »Wenn es um das Sammeln und Handeln sensibler Daten geht, dann eilt der Staat seit langem mit schlechtem Beispiel vorneweg«. Als aktuelle Belege nannte Pau die Vorratsspeicherung aller Telekommunikationsdaten sowie die Preisgabe umfangreicher Passagierinformationen an »datenrechtliche Entwicklungsländer wie die USA«.