Artikel: Berlin will nicht zahlen

Die Stiftung hatte sich zuvor geweigert, Leistungen an die von den Nazis internierten italienischen Militärangehörigen auszuzahlen, da diese »Kriegsgefangene« gewesen seien, für die keine Entschädigung nach dem Stiftungsgesetz vorgesehen sei. Auf die Klage von fünfzehn Betroffenen hin hatte der italienische Kassationsgerichtshof Anfang Juni entschieden, daß sich die Bundesrepublik Deutschland nicht auf ihre »Staatenimmunität« berufen könne. Diese besagt, daß ein Staat nicht vor einem ausländischen Gericht verklagt werden könne. Bei schweren Menschenrechtsverletzungen gelte dies aber nicht, argumentierten die italienischen Richter.

Die Bundesregierung gibt bisher nicht zu erkennen, wie sie den Konflikt politisch lösen will. Ein Treffen von Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) mit seinem Amtskollegen Franco Frattini vor einer Woche brachte für die Betroffenen keinen Fortschritt. Die Linke kündigte an, das Thema im Bundestag weiter zur Sprache zu bringen.

Auf der Sitzung standen auch Personalentscheidungen an: Der Vorstandsvorsitzende des Kuratoriums, Martin Salm, und Vorstand Günther Saathoff wurden ohne Gegenkandidaten wiedergewählt. Während bei früheren Abstimmungen die Vertreter der Wirtschaft Vorbehalte gegen Saathoff geltend gemacht hatten, der zuvor als Referent in der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen tätig gewesen war, ging die Wiederwahl problemlos über die Bühne. Die Vertreter des Bundestags waren bereits vorrige Woche wiedergewählt worden. Dagegen verzichtete Kuratoriumsvorsitzender Dieter Kastrup, ehemaliger Staatssekretär im Auswärtigen Amt, auf eine erneute Berufung. Seine Funktion wird ab 1. September 2008 Michael Jansen übernehmen, der vor seiner Pensionierung das Bundespräsidialamt geleitet hat. Otto Graf Lambsdorff (FDP) und Manfred Gentz, Sprecher der Stiftungsinitiative der deutschen Wirtschaft, beendeten mit der Dienstagssitzung ebenfalls ihre Mitwirkung im Kuratorium. Die erneute Berufung des US-Anwalts Prof. Dr. Burt Neuborne in das Gremium ist noch nicht sicher.

Nach Abschluß der Zwangsarbeiterentschädigung bleibt für die Stiftung als Aufgabe die Verwaltung des »Zukunftsfonds«, der Projekte zur Erinnerung an die Leiden der NS-Opfer und zur Wahrung der Menschenrechte fördern soll. Vom Stiftungsvermögen in Höhe von 435 Millionen Euro werden hierfür jährlich etwa neun Millionen Euro ausgegeben. Zugleich muß ein gewisser Betrag als Inflationsausgleich zurückgelegt werden, um den finanziellen Grundstock der Stiftung zu erhalten. Wegen der steigenden Inflation droht eine Absenkung der Fördergelder. Deshalb wurde ein Vermögensbeirat gegründet, der den Vorstand bei einer ertragreichen Anlage des Vermögens beraten soll.