Artikel: Nichts gegen die NPD

Die Innenministerkonferenz (IMK) von Bund und Ländern hat auf ihrer Herbstkonferenz am Donnerstag und Freitag grünes Licht für den Ausbau des Bundeskriminalamtes (BKA) zu einer Art deutschem FBI gegeben. Der IMK-Vorsitzende, Berlins Innensenator Ehrhart Körting (SPD), erklärte bei der Abschlußpressekonferenz, man sei sich einig über künftige »präventive Befugnisse« des BKA zur »Abwehr von Terrorgefahren«. Das bedeutet, daß die Sozialdemokraten damit einverstanden sind, dem BKA die Anwendung geheimdienstlicher Methoden zu gestatten. Das Bundeskriminalamt soll auch für »Gefahrenabwehr« zuständig werden, wodurch sich sein Kompetenzbereich wesentlich ausdehnt. Lediglich bei den heimlichen Online-Durchsuchungen ziert sich die SPD noch etwas. Fraktionschef Peter Struck hat aber bei der Haushaltsdebatte vor einer Woche im Bundestag bereits in Aussicht gestellt, daß die Sozialdemokraten auch in diesem Punkt nachgeben werden, sobald das Bundesverfassungsgericht Anfang 2008 über das NRW-Gesetz zum Ausspähen privater Computer entschieden hat.

Einvernehmen verkündete Senator Körting gemeinsam mit Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) bei der Unterstützung des europäischen Polizeieinsatzes in Afghanistan. Die Kriegführung des Westens am Hindukusch soll weiterhin durch Präsenz auch deutscher Polizei gestützt werden. Dieselbe Einigkeit erzielten Union, SPD und FDP auf der Tagung hinsichtlich der Ausweitung des Schengen-Raumes. Damit werden die Außengrenzkontrollen der Europäischen Union weiter in Richtung Osten verschoben. Auf der Pressekonferenz war aber keine Rede davon, was dies für schutzsuchende Menschen bedeutet: Mit Millionen-Aufwand hat die EU die Grenzsicherung aufgerüstet, um im Sinne der Abschottungspolitik gegenüber Flüchtlingen die »Festung Europa« auszubauen.

Zurückhaltung zeigten die Minister im Umgang mit der NPD. Der Wille, dieser Neonazipartei das Handwerk zu legen, fehlt bei ihnen. Insbesondere die Unionsminister sperren sich gegen ein Verbotsverfahren, das voraussetzte, die V-Leute aus der NPD abzuziehen, was Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann am Freitag erneut zurückwies. Auch Grünen-Geschäftsführer Volker Beck hält einen Verbotsantrag derzeit für »nicht hinreichend aussichtsreich.«

Statt dessen wurde von der IMK versprochen, »verfassungsfeindlichen Organisationen« den Geldhahn abzudrehen, etwa NPD-nahen Stiftungen und Vereinen. Gleichwohl wurde der IMK-Beschluß vielfach als völlig unzureichend kritisiert. Die Online-Ausgabe der Wochenzeitung Die Zeit entlarvte die Ankündigung der Innenminister als bloßes »Alibi-Programm«. Auch der Vorsitzende des Innenausschusses des Bundestags, Sebastian Edathy (SPD), zeigte sich unzufrieden. »Es gibt diverse rechtsextremistische Vereinigungen, denen man sofort das Handwerk legen muß«, erklärte Edathy der Neuen Osnabrücker Zeitung (Freitagausgabe). Der Bundes- und die Landesinnenminister hätten die Möglichkeit, neonazistische Organisationen nach dem Vereinsrecht unverzüglich aufzulösen. »Davon sollten sie rigoros Gebrauch machen.«

Die Linksfraktion im Bundestag warf der IMK in einer Pressemitteilung vor, sie täusche mit ihrem Vorgehen gegen Stiftungen und Vereine »Aktionismus gegen rechts« vor. In ihrer Bewertung des IMK-Beschlusses wurde die Linke indirekt von dem angesehenen Berliner Staatsrechtler Ulrich Battis bestätigt. Im Kölner Stadtanzeiger bezweifelte der Professor der Humboldt-Universität, daß man gegen die NPD durch Veränderungen des Stiftungsrechts vorgehen könne. »Hier gilt der schlichte Gleichheitsgrundsatz – wie im Parteienfinanzierungsrecht«, meinte Battis. Damit ist klar, daß der Schlüssel für ein wirklich konsequentes Vorgehen gegen die Neonazis in einem Verbotsverfahren liegt.

Mehr Energie verwenden die Innenminister statt dessen darauf, Scientology zu bekämpfen. Hamburgs Innensenator Udo Nagel will die Psychosekte am liebsten verbieten. Um ein Verbot vorzubereiten, hat die IMK beschlossen, eine Materialsammlung über ­Scientology anzulegen.